Der präteristische Ansatz: Hat die
Endzeit bereits stattgefunden? / Replik Markus Mosimann 04, 2003-01-22
Wird Christus nie ein irdisches Friedensreich
regieren? / Replik Markus Mosimann 05, 2003-02-13
Ist das NT als geistliche und unsichtbare Erfüllung
des AT zu verstehen? / Replik Markus Mosimann 06, 2003-03-11
Anonym 00, 2001-05-30 1. Teil, Diskurs 35
Replik Markus Mosimann 00-03, 2003-01-06 2. Teil, Diskurs 352
Noch eine Bemerkung betreffend Ihrem Hinweis auf das "Ende der Welt
". Was es
mit diesen Ausdrücken ("Ende der Welt", "Ende der Zeiten", usw.) auf sich hat, kann hier
nicht auch noch ausgeführt werden. Vielleicht kommen wir zu einem anderen Zeitpunkt auf diese
Differenzierungen im Urtext zurück, denen manche Übersetzungen und viele Auslegungen wenig
Aufmerksamkeit schenken ("Zeitalter" [aion], "Erde" [ge], "Welt" [kosmos], usw.).
Was ich nun von meiner Seite nicht nachvollziehen kann ist Ihre Verbindung des zeitgeschichtlich
erfüllten Prophetieansatzes mit der Unglaubenshaltung des Volkes Israel in der Wüste. Der
Unglaube der Israeliten während der Wüstenwanderung bestand doch gerade darin, dass sie sich
nicht auf die Verheißungen Gottes sondern nur auf das Sichtbare und Erfahrbare verlassen hatten.
Es ging nicht um die Art und Weise, wie sich die Verheißungen erfüllen würden, sondern ganz
grundsätzlich um Glauben oder Unglauben. Keiner verstand die Wüste als vollendete Prophetie und
niemand behauptete, die Wüste wäre bereits das verheißene Land:
"Und alle Israeliten murrten gegen Mose und Aaron, und die ganze Gemeinde sprach zu ihnen: Ach
daß wir in Ägyptenland gestorben wären oder noch in dieser Wüste stürben!" (4. Mose 14,2).
Unsere Standpunkte unterscheiden sich doch vielmehr daran, auf welche Art und Weise sich Prophetie
erfüllt hat bzw. erfüllen wird. Es ist vollkommen verfehlt zu behaupten, die Präteristen
würden im Gegensatz zu den Futuristen nicht an eine "reale" Erfüllung der Prophetie glauben.
Ist denn nur diese sichtbare Welt "real" im biblischen Sinne? Ist es nicht sogar bequemer, die
Verheißungen an etwas anzubinden, was sich noch nicht sichtbar und irdisch erfüllt hat, als die
Prophetien im Glauben an deren zeitliche Einordnung für erfüllt zu halten? Abgesehen davon
spricht der präteristische Ansatz von vielen irdischen Erfüllungen, denen wiederum die
Futuristen wenig Bedeutung beimessen (z.B. die Zerstörung Jerusalems). Der Unterschied liegt also
nicht darin, ob gewisse Prophetieabschnitte vergeistigt werden oder nicht, sondern wo Prophetie
als irdische und wo als geistliche Voraussage verstanden wird. Dass das Unsichtbare alles andere
als nicht "real" ist, schreibt Paulus mit deutlichen Worten den Korinthern:
"uns, die wir nicht sehen auf das Sichtbare, sondern auf das Unsichtbare. Denn was sichtbar ist,
das ist zeitlich; was aber unsichtbar ist, das ist ewig." (2. Kor. 4,18)
Die Frage, ob nun Christus oder die Juden "enttäuscht" waren ist glaube ich falsch gestellt
und meine Wortwahl war eher unglücklich, als ich erwähnte, dass die Juden "enttäuscht"
waren, weil Christus nicht in irdischer Macht und Größe auftrat. Dieser Erklärungsansatz ist
zugegebenermaßen oberflächlich, aber weil diese Frage m.E. unser Verständnis bezüglich der
Souveränität Gottes und der Verantwortung des Menschen mit einbezieht, wollte ich nicht allzu
ausführlich darauf eingehen. Diese Thematik würde wohl einen Diskurs für sich allein in
Anspruch nehmen. Nur so viel: Ich glaube nicht, dass Christus "enttäuscht" war, dass die
Juden ihn nicht aufgenommen hatten. Unter "Enttäuschung" verstehe ich eine Form der "Desillusionierung"
und Christus als der Sohn Gottes hatte keine Illusionen. War Christus denn auch "enttäuscht",
als er gekreuzigt wurde?
Ich habe kürzlich von einem futuristischen Ausleger folgenden Satz im Zusammenhang mit dem ersten
Kommen Christi gelesen: "Satan ist es gelungen, Gott einen Strich durch die Rechnung zu machen".
Daraufhin erklärte er, dass Christus deshalb noch einmal kommen und dann den Sieg über Satan
erringen, das irdische Weltreich aufrichten und den Heilsplan vollenden würde. Eine solche
Argumentation mancher Futuristen empfinde ich als despektierliche Haltung gegenüber unserem
Herrn, weil hier auf subtile Weise folgender Inhalt vermittelt wird: Gott hatte einen Plan A, den
der Satan durchkreuzte, weil die Juden Christus nicht aufnahmen. Deshalb ging Gott quasi noch
einmal über die Bücher und entwarf einen Plan B und so muss Christus nun noch ein zweites Mal
auf diese Erde zurückkehren, um den Heilsplan zu vollenden. Wird Gott auf diese Weise nicht
herabgesetzt? Wie beurteilen Sie eine solche Darlegung, die ich gewiss etwas pointiert
ausformuliert habe?
Im übrigen stimme ich Ihrem Verweis auf das heutige Israel, das sich selbst einen eigenen Staat
gegründet hat, vollumfänglich zu. In diesem Sinne müssten Sie Ihren Vorwurf der Ungeduld
betreffend der Erfüllung prophetischer Texte nicht nur an die Zionisten sondern auch an jene
futuristischen Kreise richten, die den heutigen Staat Israel als das wieder aufgerichtete Israel
gemäss den biblischen Prophetien verstehen. Auch in Bezug auf die Mitglieder des Sanhedrin, die
als Schriftgelehrte und Kenner der Prophetenbücher "wussten", wer Jesus von Nazareth
tatsächlich war, gebe ich ihnen Recht. "Wissen" und glauben" sind aber zweierlei. In diesem
Sinne lässt sich der Ausdruck "Enttäuschung" sicher auch nicht auf jene Menschen anwenden,
die Christus nicht annahmen. ich werde mich jedenfalls bemühen, den Begriff "Enttäuschung"
in diesem Zusammenhang nicht mehr zu verwenden.
(Markus Mosimann m.mosimann@mopa.ch )
Aus platz- und zeitökonomischen Gründen bitte ich Sie, in Hinkunft auf die
Darstellung von Ansichten und Meinungen dritter Personen zu verzichten. Diesen Diskurs führen wir
beide und hier gelten jene Argumente, welche wir vertreten und vorbringen und keine anderen.
Sie schreiben: "Unsere Standpunkte unterscheiden sich doch vielmehr daran, auf welche Art und
Weise sich Prophetie erfüllt hat bzw. erfüllen wird." Dieser Aussage stimme ich vollinhaltlich
zu. Das Problem ist nur, dass Sie Ihren Standpunkt immer wieder (nur) mit jenen Schriftstellen
begründen, welche – zugegebenermaßen – von einem baldigen Ende der Zeitalter (z. B. 1Kor
10,11; etc.) sprechen.
Alle anderen, die Endzeit betreffenden Schriftstellen bleiben – zumindest bis jetzt – unerwähnt
und unerklärt. Diese Situation tritt in einer Aussage in Ihrem letzten Mail sehr klar hervor. Sie
führen dort aus:
"Wenn Christus vor 2000 Jahren sagte, das Reich Gottes sei nahe
herbeigekommen (Markus 1,15), und er Johannes schreiben liess, dass die Ereignisse der Offenbarung
‚in Kürze’ (Offb. 1,1) stattfinden würden und er wiederholt darauf verwies, dass er ‚bald’
kommen wird (Offb. 22), dann fehlt mir einfach das Verständnis dafür, dass man diese und viele
andere Zeugnisse im Neuen Testament gegen die Erwartung der sichtbaren Erfüllung aufwiegt und
Letzterem den Vorrang einräumt."
Wie bereits wiederholt erwähnt, stimme ich Ihnen im ersten Teil Ihrer Argumentation
durchaus zu. Auch ich kämpfe um eine Klärung dieser Stellen und befasse mich daher immer wieder
mit diesem Thema.
Nun ist es aber ein Faktum, dass gerade in der Offenbarung des Johannes Ereignisse prophezeit
werden, wie eben z. B.:
- der Friede wird von der Erde genommen, die Menschen bekämpfen einander
(Off 6,4)
- Hungersnot und Seuchen (Off 6,6)
- Erdbeben, Verfinsterung der Gestirne (Off 6,8)
- Flächenbrände, welche 1/3 der Vegetation vernichten (Off 8,7)
- Vergiftung des Wassers in Meeren, Flüssen und Quellen (Off 8,8-11)
- jeder dritte Mensch wird sterben (Off 9,15)
um nur einige davon zu nennen, welche sich ganz konkret und real auf uns Menschen
und auf unsere Welt beziehen. Und hier fehlt nun wieder mir jedes Verständnis dafür, dass man zur
Aufrechterhaltung einer vergeistigten Sicht, diese eindeutigen biblischen Prophezeiungen sublimiert.
Diese Katastrophen der Endzeit, wie sie in der Offenbarung vorhergesagt werden, können
realistischerweise noch nicht stattgefunden haben. Ebenso wenig wie die Wiederkunft des Herrn,
welche ja nach Mt 24,30 für alle Menschen auf Erden sichtbar erfolgen soll.
Und sie werden den Sohn des Menschen kommen sehen auf den Wolken des Himmels.
Mt 24,30 Und dann wird das Zeichen des Sohnes des Menschen am Himmel
erscheinen; und dann werden wehklagen alle Geschlechter auf Erden, und sie werden den Sohn des
Menschen kommen sehen auf den Wolken des Himmels mit großer Macht und Herrlichkeit. Mt 24,30;
Ich teile daher mit Ihnen die Ansicht, dass jene Stellen des NT, welche von einem
"baldigen Kommen" und von der "Nähe des Endes" sprechen, nicht ignoriert werden dürfen.
Aber ich denke, wir können es uns nicht so einfach machen und die für die Endzeit prophezeiten
Ereignisse – mangels realer Nachweisbarkeit – ganz einfach ins Transzendente zu verschieben. Das
wäre im Vollsinn des Wortes eine sektiererische (von lat. sectio: zerschneiden / Religion Sekte:
eine Teilaussage zur Hauptlehre machen) Interpretation.
Doch möglicherweise ist dies gar nicht die präteristische Absicht. Die von Ihnen zugesagte
Beantwortung meiner diesbezüglichen Fragen – auf welche ich noch warte – wird hier sicherlich
sehr viel klarstellen können.
Die Interpretation der "tausend Jahre" in Offenbarung 20, 2-7 war seit je her
einer der strittigen Punkte in der Diskussion über endzeitliche Entwicklungen. Es ist deshalb
nicht überraschend, dass die bekanntesten futuristischen Endzeitmodelle ihre Benennungen
ausgerechnet von diesen "tausend Jahren" herleiten (Amillennialismus, Prämillennialismus,
Postmillennialismus: aus den lateinischen Vorsilben "a", "prä", "post" und "mille"
[tausend] sowie "annum" [Jahre] zusammengesetzt). Wie in anderen Fragen biblischer Auslegung
sind solche theologischen Ausdrücke manchmal hilfreich, manchmal verwirrend. Im vorliegenden Fall
fördert dieser lateinische Fachjargon den Eindruck, dass es sich bei den erwähnten "tausend
Jahre" um einen zentralen Aspekt biblischer Eschatologie handeln würde. Tatsächlich ist die
heilsgeschichtliche Einordnung des "Millenniums" zu einem Dreh- und Angelpunkt der
verschiedenen futuristischen Prophetieansätze geworden – während der Gesamtzusammenhang der
Bibel und der prophetischen Schriften erstaunlich wenig in diese Untersuchungen einbezogen wird.
Ähnlich verhält es sich mit dem Begriff "tausendjähriges Reich". Manche Übersetzungen
(z.B. Luther) führen Offenbarung 20 mit der Überschrift "das tausendjährige Reich" oder die
"Königsherrschaft Gottes im Millennium" ein. "Reich" oder "Königsherrschaft Gottes"
kommen dann im folgenden Bibeltext gar nicht vor, aber solche fettgedruckten Titel haben durchaus
das Potential, unser Verständnis mit einer vorweggenommenen Nuancierung zu kanalisieren. So mag -
wenn auch nicht zwingend – diese einleitende Verbindung der "tausend Jahre" mit "Reich"
oder "Königsherrschaft Gottes" die Vorstellung eines irdischen Friedensreiches unterstützen.
Der Bibeltext selbst spricht aber nur davon, dass der Satan tausend Jahre gefesselt wurde und dass
diejenigen, die das Tier nicht angebetet hatten, wieder lebendig wurden und mit Christus tausend
Jahre regierten. In diesem Zusammenhang bauen die Millennialisten zu hastig eine Brücke zur irdischen
Weltreichdimension; dies, obwohl die Erwähnung der ,tausend Jahre’ in eine Schilderung
eingebettet ist, die wenig an unseren sichtbaren Kosmos erinnert:
"Schlüssel zum Abgrund", "grosse Kette in seiner Hand", "den Drachen, die alte
Schlange...", "warf ihn in den Abgrund und verschloss ihn und setzte ein Siegel oben drauf",
usw.
Während kaum ein Ausleger darauf bestehen würde, dass diese "Kette", dieser "Drachen"
und diese "Schlange" materielle Bilder einer sichtbaren Realität in der diesseitigen Welt
wären, findet die wörtliche Anwendung der damit verbundenen "tausend Jahre" im Sinne einer
irdischen bzw. menschlichen Zeitrechnung erstaunlich viel Zustimmung. Hier reihen sich die
Anschauungen der Zeugen Jehovas fast nahtlos in die Vorstellungen der evangelikalen
Prämillennialisten ein – und umgekehrt. Die Evangelien und die Apostelbriefe lassen an keiner
einzigen Stelle die Vermutung aufkommen, dass Christus während irgendeiner Zeitperiode ein
irdisches, materielles Friedensreich regieren würde. So zeigen manche Bibelausleger auf das Alte
Testament, wo tatsächlich Dutzende von Beschreibungen eines vermeintlich irdischen
Friedensreiches zu finden sind; vermeintlich deshalb, weil deren inhaltliche Bedeutung – wie das
ganze Alte Testament überhaupt – erst durch das Evangelium vollkommen aufgeschlossen und durch
Christi Tod und Auferstehung erfüllt wurde.
Wer nun behauptet, diese Stellen müssten alle "umgedeutet" werden, wenn sie denn nicht "wörtlich"
zu verstehen sind, muss sich die Frage gefallen lassen, ob denn Christus das Gesetz und die
Propheten auch "umgedeutet" hat. Ein Beispiel:
"Ihr habt gehört, daß zu den Alten gesagt ist: »Du sollst nicht töten«; wer aber tötet,
der soll des Gerichts schuldig sein. Ich aber sage euch: Wer mit seinem Bruder zürnt, der ist des
Gerichts schuldig... "(Mt. 5,21-22)
In der Einleitung zu dieser Rede bekräftigt Christus:
"Ihr sollt nicht meinen, daß ich gekommen bin, das Gesetz oder die Propheten aufzulösen; ich
bin nicht gekommen aufzulösen, sondern zu erfüllen" (Mt. 5,17)
Christus löste weder das Gesetz noch die Propheten auf, indem er die wahre Bedeutung der Gebote
und der Propheten als Herzensangelegenheit und eben nicht als rein formale Anwendung auslegte. Wie
ein roter Faden zieht sich diese geistliche Erfüllung der alttestamentlichen Realitäten und
Prophetien durch das Neue Testament hindurch, während die sichtbaren Zeichen und Wunder in der
diesseitigen Sphäre vor Augen führten, was sich in der unsichtbaren Welt vollzieht. Wenn nun
also tatsächlich von einem "Friedensreich" Christi die Rede sein soll, dann liefert uns
Paulus in seinem Brief an die Kolosser eine treffende Beschreibung dafür:
"Und der Friede Christi, zu dem ihr auch berufen seid in einem Leibe, regiere in euren Herzen"
(Kol. 3,15)
Nun gibt es noch eine Reihe von weiteren Problemen, die mit einer wörtlichen Auslegung der "tausend
Jahre" in Offenbarung 20 verbunden sind:
Zunächst muss festgehalten werden, dass deren sechsmalige Erwähnung innerhalb von sechs
aufeinanderfolgenden Versen kein ernsthaftes Indiz dafür sein kann, dass dieser Ausdruck als
irdische und mathematische Größe zu verstehen wäre, obwohl genau dieses Argument häufig
angeführt wird. Kann es denn sein, dass der Sinn eines biblischen Begriffes davon abhängt, ob
dieser mehrfach hintereinander erwähnt wird?
Der Vorschlag, den ich persönlich unterstütze, nämlich dass diese "tausend Jahre" eine Gott
vorbehaltene Zeit bedeuten, deren Zahlenwert eben gerade die Unbestimmtheit und nicht die irdische
Berechenbarkeit ausdrückt, vermag vielleicht auf den ersten Blick wenig zu überzeugen. Ich
möchte aber an einem anderen Beispiel zeigen, dass die biblische Verwendung von "tausend"
nicht ganz so simpel ist, wie es unser menschliches Kalkül gerne hätte:
1. Chronik 16,15:"Gedenket ewig seines Bundes, des Wortes, das er verheißen hat für tausend
Geschlechter" (siehe auch Psalm 105,8 oder 5. Mose 7,9).
Da wären doch ebenfalls Berechnungen aufgrund einer wörtlichen Schriftauslegung angebracht.
Setzen wir also für eine Generation 40 Jahre ein, so müssten wir hier von einer Verheißung
sprechen, die eine Gültigkeit von 40’000 Jahren hat! Eine solche Erklärung fehlt selbst bei
Prophetieauslegern, die gerne das Ende der Welt herbeirechnen; wohl deshalb, weil dieser
Auslegungsansatz den Fortbestand der Erde bis in eine sehr ferne Zukunft hinein garantieren würde
und damit die ganze Polemik um die Imminenz der Endzeitereignisse in Frage gestellt wäre.
Im weiteren gibt es gute Gründe anzunehmen, dass Petrus nicht von ungefähr die Bedeutung der "tausend
Jahre" näher erläuterte, als er von den letzten Dingen seines Zeitalters sprach:"So werden
auch der Himmel, der jetzt ist, und die Erde durch dasselbe Wort aufgespart für das Feuer,
bewahrt für den Tag des Gerichts und der Verdammnis der gottlosen Menschen" (2. Petrus 3,7).
Der Kontext erinnert zweifellos an Offenbarung 20 und ergänzend zu der weit verbreiteten Annahme,
dass sein Hinweis im folgenden Vers eine allgemeingültige Erklärung für die Beziehung zwischen
der göttlichen und der menschlichen Zeitordnung wäre, lässt sich darüber hinaus ein ganz
konkreter Zusammenhang mit den "tausend Jahren" in Offenbarung 20 herstellen:
"Eins aber sei euch nicht verborgen, ihr Lieben, daß ein Tag vor dem Herrn wie tausend Jahre
ist und tausend Jahre wie ein Tag." (2. Petrus 3,8)
Dieser Einschub muss im Zusammenhang der folgenden Zusage gelesen werden, die Petrus an diese
Erörterung anschließt:
"Der Herr verzögert nicht die Verheißung, wie es einige für eine Verzögerung halten; sondern
er hat Geduld mit euch und will nicht, daß jemand verloren werde, sondern daß jedermann zur
Buße finde." (2. Petrus 3,9).
Hinweis: Eine Diskussion über die zeitliche Abfassung der Offenbarung vor dem 2. Petrusbrief
würde sich hier zu umfangreich gestalten. Ich lasse es deshalb vorerst mit dem Verweis auf die
bekannten Darlegungen von Thomas Schirrmacher bewenden.
Petrus spricht davon, dass manche Christen die Verheißungen für eine Verzögerung hielten -
vielleicht gerade deshalb, weil sie von diesen "tausend Jahren" in Offenbarung 20 Kenntnis
hatten und sich die Frage stellten, wie lange es denn nun wirklich gehen sollte, bis endlich
eintreffen würde, wovon Petrus im Zusammenhang ja schreibt. Mit seiner Erklärung machte nun
Petrus unmissverständlich klar, dass Gottes Verheißungen nicht in eine ferne Zukunft gerückt
würden und unterstützte damit wie Paulus in allen seinen Briefen auch (siehe 2. Petrus 3,15-16)
den Aufruf zum geduldigen Durchhalten in den letzten Tagen:
"Ihr sollt vor allem wissen, daß in den letzten Tagen Spötter kommen werden, die ihren Spott
treiben, ihren eigenen Begierden nachgehen und sagen: Wo bleibt die Verheißung seines Kommens?
Denn nachdem die Väter entschlafen sind, bleibt es alles, wie es von Anfang der Schöpfung
gewesen ist." (2. Petrus 3,3).
Es bleibt die Frage, warum dieses "Millennium" in Offenbarung 20 so viel Anlass zu
Diskussionen gibt, wo doch Petrus diese göttlichen "tausend Jahre" in Relation zu einem
einzigen Tag stellt und gerade damit die Naherwartung bezüglich der Verheißungen Gottes zur Zeit
der ersten Gemeinden unterstrich.
(Markus Mosimann m.mosimann@mopa.ch )
Sie vertreten also die Auffassung, dass die Bezeichnung "tausend Jahre" aus Off
20,4, in welchen die in der Ersten Auferstehung lebendig werdenden Märtyrer mit Christus herrschen,
keinesfalls als "irdische und mathematische Größe zu verstehen wäre". Sie versuchen dann mit
der Symbolik des weiteren Gesamtzusammenhangs auch diese tausend Jahre als nicht irdisch und
immateriell hinzustellen.
Sehen wir uns diese Texte daher noch einmal an:
Sie wurden wieder lebendig und herrschten mit dem Christus tausend Jahre.
Off 20,4 Und ich sah Throne, und sie setzten sich darauf, und das
Gericht wurde ihnen übergeben; und ich sah die Seelen derer, die um des Zeugnisses Jesu und um des
Wortes Gottes willen enthauptet worden waren, und die, welche das Tier und sein Bild nicht angebetet
und das Malzeichen nicht an ihre Stirn und an ihre Hand angenommen hatten, und sie wurden
wieder lebendig und herrschten mit dem Christus tausend Jahre. Off 20,4;
Der Ausdruck "sie wurden wieder lebendig" ist identisch mit der Formulierung in
Kap. 13, wo es auch vom Tier aus dem Meer heißt, dass es wieder lebendig geworden ist:
Das Tier, das die Wunde des Schwertes hat und wieder lebendig geworden ist.
Off 13,13 Und es tut große Zeichen, daß es selbst Feuer vom Himmel
vor den Menschen auf die Erde herabkommen läßt; 13,14 und es verführt die,
welche auf der Erde wohnen, wegen der Zeichen, die vor dem Tier zu tun ihm gegeben wurde,
und es sagt denen, die auf der Erde wohnen, dem Tier, das die Wunde des Schwertes hat und wieder
lebendig geworden ist, ein Bild zu machen. Off 13,13-14;
Und hier haben wir die zweimalige explizite Aussage, dass dies alles auf Erden
geschieht und eine Dislokation in andere kosmische Örtlichkeiten wird da wohl sehr schwierig sein!
Sie behaupten dann weiter
"In diesem Zusammenhang bauen die Millennialisten zu hastig eine
Brücke zur irdischen Weltreichdimension; dies, obwohl die Erwähnung der ‚tausend Jahre’
in eine Schilderung eingebettet ist, die wenig an unseren sichtbaren Kosmos erinnert."
Hier der unmittelbare Kontext:
Sie werden Priester Gottes und des Christus sein und mit ihm herrschen die tausend Jahre.
Off 20,2 Und er griff den Drachen, die alte Schlange, die der Teufel
und der Satan ist; und er band ihn tausend Jahre 20,3 und warf ihn in den Abgrund und schloß
zu und versiegelte über ihm, damit er nicht mehr die Nationen verführe, bis die tausend Jahre
vollendet sind. Nach diesem muß er für kurze Zeit losgelassen werden. 20,4 Und ich sah Throne, und
sie setzten sich darauf, und das Gericht wurde ihnen übergeben; und ich sah die Seelen derer, die
um des Zeugnisses Jesu und um des Wortes Gottes willen enthauptet worden waren, und die, welche das
Tier und sein Bild nicht angebetet und das Malzeichen nicht an ihre Stirn und an ihre Hand
angenommen hatten, und sie wurden lebendig und herrschten mit dem Christus tausend Jahre.
20,5 Die übrigen der Toten wurden nicht lebendig, bis die tausend Jahre vollendet waren.
Dies ist die erste Auferstehung. 20,6 Glückselig und heilig, wer teilhat an der ersten
Auferstehung! Über diese hat der zweite Tod keine Macht, sondern sie werden Priester Gottes und des
Christus sein und mit ihm herrschen die tausend Jahre. 20,7 Und wenn die tausend Jahre
vollendet sind, wird der Satan aus seinem Gefängnis losgelassen werden. Off 20, 2- 7;
Die Aussagen, dass
- Satan gebunden wurde tausend Jahre
- damit er nicht mehr der Nationen verführe bis die tausend Jahre
vollendet sind
- die Märtyrer in einer ersten Auferstehung lebendig werden
- mit Christus tausend Jahre herrschen
- die anderen Toten erst tausend Jahre später auferstehen
- die Märtyrer dann Priester Gottes und des Christus sind
- und mit ihm herrschen tausend Jahre
- Nach diesen tausend Jahren Satan wieder losgelassen wird
sind also Ihrer Meinung nach symbolische Aussagen und erinnern "wenig an den
sichtbaren Kosmos".
Wenn man dieser Ihrer Argumentation folgen würde, könnte man ebenso gut auch die im Text
erwähnten Hinweise auf Gott und Christus für "symbolisch" erklären und hier gleich die
prinzipielle Gottesfrage stellen.
Und schließlich behaupten Sie:
"Die Evangelien und die Apostelbriefe lassen an keiner einzigen Stelle
die Vermutung aufkommen, dass Christus während irgendeiner Zeitperiode ein irdisches, materielles
Friedensreich regieren würde."
Sie versuchen damit sichtlich von der Offenbarung abzulenken, weil dort die Hinweise
auf ein tausendjähriges Reich zu erdrückend sind.
Aber es lässt sich auch in den Evangelien das Reich Gottes auf Erden nachweisen. Im Evangelium des
Matthäus gebietet uns der Herr Jesus im wichtigsten Gebet, welches er uns hinterlassen hat – im
Herrengebet -, u. a. wie folgt zu beten:
Dein Reich komme, dein Wille geschehe, wie im Himmel so auch auf Erden!
Mt 6,9 Betet ihr nun so: Unser Vater, der du bist in den Himmeln,
geheiligt werde dein Name; 6,10 dein Reich komme, dein Wille geschehe, wie im Himmel so auch auf
Erden! Mt 6, 9-10;
Diese Worte sind für den bibelgläubigen Christen einmal ein Beweis dafür, dass
Gott im Himmel ist. Der Himmel ist nun durchaus eine andere Dimension, das ist nicht die Erde. Dann
kommt das Gebot, dass der Name Gottes nicht missbraucht werden soll und anschließend die Bitte
"dein Reich komme".
Der Herr Jesus heißt uns also zum Vater zu bitten, dass sein Reich komme. Wo nun?
Im Himmel? Das kann nicht sein, denn da herrscht Gott bereits, wie der Vers zuvor besagt. Es ist
also die Bitte, dass das Reich Gottes auch auf der Erde Platz greifen möge. Und genau das
bestätigt auch gleich die nächste Bitte, die da lautet:
"dein Wille geschehe, wie im Himmel, so auch auf Erden!"
Dies ist einmal die nochmalige Bestätigung, dass der Vater im Himmel herrscht, da
dort sein Wille geschieht. Dann aber wird mit den Worten "wie im Himmel, so auch auf Erden"
nochmals die Bitte wiederholt, dass das Reich Gottes auf Erden kommen und damit auch der Wille
Gottes nicht nur im Himmel, sondern auch auf Erden geschehen möge.
Natürlich kann man auch diese Worte als "Symbolik" abtun und alles Mögliche – und
Unmögliche – hineininterpretieren. Doch dann hört sich die schriftgebundene Diskussion auf und
wir kommen in den Bereich der Traumdeuterei.
Und diese Unterscheidung zwischen dem Reich des Vaters im Himmel und dem Reich des Sohnes auf Erden
finden wir dann – gleichfalls im Evangelium des Matthäus – auch durch die Aussage des Herrn Jesus
bestätigt:
Das Reich des Menschensohns und das Reich des Vaters.
Mt 13,41 Der Sohn des Menschen wird seine Engel aussenden,
und sie werden aus seinem Reich alle Ärgernisse zusammenlesen und die, die Gesetzloses
tun; 13,42 und sie werden sie in den Feuerofen werfen: da wird das Weinen und das
Zähneknirschen sein. 13,43 Dann werden die Gerechten leuchten wie die Sonne in dem Reich
ihres Vaters. Wer Ohren hat, der höre! Mt 13,41-43;
Das hier erwähnte Reich des Menschensohns ist eben dieses tausendjährige Reich -
das Millennium – in welchem der Herr Jesus auf Erden mit eisernem Zepter und in absoluter
Gerechtigkeit herrschen wird – und mit ihm die auferstandenen Märtyrer aus der Ersten Auferstehung.
Der Umstand, dass hier "die, die Gesetzloses tun" gesammelt werden ist der eklatante
Beweis dafür, dass es sich hier nicht um ein Reich im Himmel handeln kann, da dort nämlich, wo ja
der Wille des Vaters geschieht - also im Reich des Vaters – Gesetzlosigkeiten und Ärgernisse
nicht existieren können.
Das im nächsten Vers erwähnte "Reich ihres Vaters" hingegen, in welchem die Gerechten leuchten
werden wie die Sonne, ist dieses Reich des Vaters im Himmel, welches zu diesem Zeitpunkt dann als
die heilige Stadt Jerusalem in der Neuen Schöpfung vom neuen Himmel auf die neue Erde herabkommen
wird.
Die erste Erde und der erste Himmel werden vergehen.
Off 20,11 Und ich sah einen großen weißen Thron und den, der darauf
saß, vor dessen Angesicht die Erde entfloh und der Himmel, und keine Stätte wurde für sie
gefunden.
20,12 Und ich sah die Toten, die Großen und die Kleinen, vor dem Thron stehen, und Bücher wurden
geöffnet; und ein anderes Buch wurde geöffnet, welches das des Lebens ist. Und die Toten wurden
gerichtet nach dem, was in den Büchern geschrieben war, nach ihren Werken.
20,13 Und das Meer gab die Toten, die in ihm waren, und der Tod und der Hades gaben die Toten, die
in ihnen waren, und sie wurden gerichtet, ein jeder nach seinen Werken.
20,14 Und der Tod und der Hades wurden in den Feuersee geworfen. Dies ist der zweite Tod, der
Feuersee. 20,15 Und wenn jemand nicht geschrieben gefunden wurde in dem Buch des Lebens, so wurde er
in den Feuersee geworfen. Off 20,11-15;
Ein neuer Himmel und eine neue Erde: die heilige Stadt Jerusalem.
Off 21,1 Und ich sah einen neuen Himmel und eine neue Erde; denn
der erste Himmel und die erste Erde waren vergangen, und das Meer ist nicht mehr.
21,2 Und ich sah die heilige Stadt, das neue Jerusalem, aus dem Himmel von Gott herabkommen,
bereitet wie eine für ihren Mann geschmückte Braut. Off 21, 1- 2;
Es ist also konkret zu unterscheiden zwischen
- dem "Reich des Sohnes", d. i. das Millennium, das tausendjährige
Reich auf Erden, in welchem der Herr Jesus mit den auferstandenen Märtyrern in Gerechtigkeit
regieren wird und
- dem "Reich des Vaters", welches zum jetzigen Zeitpunkt im Himmel ist
und nach dem Vergehen dieser gegenwärtigen Erde und dieses gegenwärtigen Himmels, also in der
Neuen Schöpfung, aus dem neuen Himmel auf die neue Erde als die heilige Stadt Jerusalem herabkommen
wird, wo alle Gerechten in Ewigkeit leben werden.
Der Übergang vom irdischen Reich des Sohnes in das himmlische Reich des Vaters,
welcher oben in Mt 13,41-43 dargestellt wird, finden wir nun aber auch in den von Ihnen erwähnten
Apostelbriefen.
Im ersten Brief an die Korinther schildert uns Paulus diese Abfolge sehr anschaulich:
Dann das Ende, wenn er das Reich dem Gott und Vater übergibt.
1Kor 15,22 Denn wie in Adam alle sterben, so werden auch in Christus
alle lebendig gemacht werden. 15,23 Jeder aber in seiner eigenen Ordnung: der Erstling, Christus; sodann
die, welche Christus gehören bei seiner Ankunft; 15,24 dann das Ende, wenn er das Reich dem
Gott und Vater übergibt; wenn er alle Herrschaft und alle Gewalt und Macht weggetan hat.
15,25 Denn er muß herrschen, bis er alle Feinde unter seine Füße gelegt hat. 15,26 Als letzter
Feind wird der Tod weggetan. 15,27 «Denn alles hat er seinen Füßen unterworfen. » Wenn es
aber heißt, daß alles unterworfen sei, so ist klar, daß der ausgenommen ist, der ihm alles
unterworfen hat. 15,28 Wenn ihm aber alles unterworfen ist, dann wird auch der Sohn selbst dem
unterworfen sein, der ihm alles unterworfen hat, damit Gott alles in allem sei. 1Kor 15,22-28;
Paulus spricht hier einmal von den Auferstehungen. Als "Erstling" ist Christus
auferstanden, sodann, bei seiner Ankunft vor dem Millennium, werden in der Ersten Auferstehung "die,
welche Christus gehören" – also die Märtyrer – als Nächste auferstehen. "Dann aber"
schreibt Paulus – nämlich nach den tausend Jahren – , kommt das Ende, also die Allgemeine
Auferstehung aller Menschen, welche je gelebt haben und das Letzte Gericht, bei welchem – wie
schon weiter oben Off 20,14 sagt – der Tod als "letzter Feind" weggetan und in der Feuersee –
das ist der zweite Tod und die endgültige Verdammnis – geworfen wird.
Und dann spricht Paulus aber auch vom "Reich". Er sagt einmal in 1Kor 15,25, dass Christus
herrschen muss, bis Gott "alle Feinde unter seine Füße gelegt hat". Dies ist ein Hinweis auf
die Verheißung aus Psalm 110,1:
Setze dich zu meiner Rechten, bis ich deine Feinde gemacht habe zum Schemel deiner Füße!
Ps 110,1 (Von David. Ein Psalm.) Spruch des HERRN für meinen Herrn: Setze
dich zu meiner Rechten, bis ich deine Feinde gemacht habe zum Schemel deiner Füße!
110,2 Den Stab deiner Macht wird der HERR aus Zion ausstrecken. Herrsche inmitten deiner Feinde!
110,3 Dein Volk ist voller Willigkeit am Tage deiner Macht. In heiliger Pracht, aus dem Schoß der
Morgenröte habe ich dich wie Tau gezeugt. Ps 110, 1- 3;
Schon David hat also im Heiligen Geist diese Herrschaft des Sohnes Gottes auf
Erden ("Zion", "inmitten deiner Feinde") prophezeit und Paulus nimmt hier darauf
Bezug.
Dann sagt Paulus aber in 1Kor 15,28:
"Wenn ihm aber alles unterworfen ist, dann wird auch der Sohn selbst dem
unterworfen sein, der ihm alles unterworfen hat, damit Gott alles in allem sei."
Wenn Christus also in diesen tausend Jahren alle seine Feinde unterworfen hat, dann
wird der Sohn das Reich dem Vater übergeben und sich auch selbst dem Vater unterwerfen, damit in
der Ewigkeit "Gott alles in allem sei".
Und dann schreiben Sie:
"Wenn Sie eine Interpretation von prophetischen Texten, die das
jüdische Sprachverständnis vor 2000 Jahren mit einbezieht, tatsächlich in die Nähe von
willkürlicher ‚Symbolik’ oder ‚Traumdeuterei’ stellen, dann müsste ich mit dem selben
Eifer erklären, dass ich die futuristischen Vorstellungen eines sichtbaren Reiches Gottes auf Erden
der griechischen Mythologie zuordne. Das griechische Denken hat unsere moderne Kultur offenbar
derart durchsetzt, dass eine geistliche Realität des Reiches Gottes als ‚Symbolik’ und ‚Traum’
abgetan wird."
Mein Hinweis auf "Traumdeuterei" bezog sich – bitte nachzulesen – nicht auf
"eine Interpretation von prophetischen Texten, die das jüdische Sprachverständnis vor 2000
Jahren mit einbezieht", wie Sie es formulieren, sondern schlicht und einfach auf die Gefahr, dass
hier, in Mt 6,10,
- mit "dein Reich" nicht das Reich Gottes,
- mit "dein Wille" nicht der Wille Gottes,
- mit "im Himmel" nicht der Himmel und insbesondere
- mit "auf Erden" nicht unser materieller, sichtbarer Planet Erde
gemeint seien.
Denn nur so ließe sich eine Interpretation aufrecht erhalten, welche alle realen,
irdischen und damit sichtbaren Komponenten des Reiches Gottes ablehnt und als "futuristische
Vorstellung einer irdischen Weltreichdimension" bezeichnet.
Denn genau dies ist ja auch der Tenor Ihrer folgenden Aussagen:
Zunächst möchte ich vorausschicken, dass ich nicht behauptet habe, das Reich
Gottes wäre nicht auf Erden. Das Problem stellt sich einzig und allein in der Vorstellung der
NATUR des Reiches Gottes. Und hier lehne ich eine sichtbare und materielle Natur des Reiches
Gottes im Kosmos (siehe griechische Wortbedeutung von kosmos) ab, weil die Bibel in
dieser Beziehung nicht deutlicher sein könnte:
Lukas 17,20-21:
"Als er aber von den Pharisäern gefragt wurde: Wann kommt das Reich Gottes?, antwortete er
ihnen und sprach: Das Reich Gottes kommt nicht so, daß man’s beobachten kann; man wird auch nicht
sagen: Siehe, hier ist es! oder: Da ist es! Denn siehe, das Reich Gottes ist mitten unter euch."
Wenn das Reich Gottes also mitten unter uns ist, dann ist es natürlich auch auf der Erde präsent
– nämlich inwendig in uns. Aber hat dieses Reich Gottes etwas mit der futuristischen Vorstellung
einer irdischen Weltreichdimension zu tun? Weil Sie offenbar keine Differenzierung zwischen dem
sogenannten 1000-jährigen Reich (das in dieser Ausformulierung kein biblischer Ausdruck ist) und
dem Reich Gottes (das in dieser Ausformulierung sogar die zentrale Botschaft Christi ist) machen,
habe ich es hier auch nicht getan.
Im weiteren haben Sie das Herrengebet erwähnt und Matthäus 6,10 zitiert:
"Dein Reich komme. Dein Wille geschehe wie im Himmel so auf Erden."
Dann schreiben Sie: "Der Herr Jesus heißt uns also zum Vater zu bitten, dass sein Reich komme".
Hier übergehen die Futuristen eine wichtige Wahrheit, die das Verständnis der Prophetie m.E.
ganz entscheidend verzerrt. Hat der Herr Jesus "uns" geheissen, so zu beten? Nein. Er hat jene
Menschen angewiesen so zu beten, die vor 2000 Jahren als Zeitgenossen seiner irdischen
Gottessohnschaft die Botschaft des kommenden Reiches Gottes vernahmen. Das Paradigma der nicht
erfüllten Prophetien und das Kredo der Parusieverzögerung über Generationen
hinweg übergeht den zeitlichen Kontext der Botschaft Jesu. Interessanterweise haben die
Futuristen kein Problem damit, dass Jesus seine Jünger dazu anhielt, für das Kommen des Reiches
Gottes zu beten und sie im Glauben zu lassen, dass dieses Reich auch noch zu Lebzeiten vieler
Anwesender eintreffen würde – wo doch die Erfüllung seit zwei tausend Jahren ausgeblieben ist.
Hier giessen die Futuristen unbewusst viel Öl in die Argumentation der Bibelkritiker (wo
übrigens Albert Schweitzer, C.S. Lewis und andere einzureihen sind), die alle daran festhalten,
dass diese Nichterfüllung der Wiederkunft Christi der Beweis für die Fehlbarkeit des
Heilsplanes Gottes wären. Während an der NATUR des Reiches Gottes vorbeiargumentiert wird,
erklären die Bibelkritiker die Nichterfüllung der Parusie als Irrtum Christi und
die Futuristen als Planänderung oder Bewusstseinsmanipulation (permanente Imminenz der
Wiederkunft Christi) Gottes – beides sind in ihrer Konsequenz bibelkritische Standpunkte.
(Markus Mosimann m.mosimann@mopa.ch )
Bei der Auslegung der Heiligen Schrift des AT und NT geht man üblicherweise davon
aus, dass die Erfüllung von vielen Prophezeiungen erst in Hunderten, ja z. T. sogar erst in
Tausenden von Jahren eintreten kann. Zudem gibt es auch die sogenannten "Mehrfacherfüllungen",
deren Realisierung zwar nachgewiesenermaßen bereits einmal erfolgt ist (z.B. Antiochus/Antichrist),
welche sich dann aber in der weiteren zeitlichen Folge zum wiederholten Mal ereignen werden.
Daraus ist daher abzuleiten, dass Informationen, welche bei der Ankündigung einer Prophezeiung den
Zeitgenossen Jesu gegeben wurden, auch und insbesondere jene Menschen betreffen, welche zum
Zeitpunkt der Erfüllung(en) leben werden.
Deshalb sind auch die Hinweise des Herrn z. B. in Mt 24 u. par. zwar den Jüngern gegenüber
ausgesprochen worden, tatsächlich relevant wurden sie aber erst Jahre später und der größte Teil
davon nach meiner Sicht erst Tausende Jahre später.
Ich möchte aber durchaus Ihre Argumentation im Zusammenhang mit dem Herrengebet aufgreifen, in
welcher Sie fragen:
"Dann schreiben Sie: ‚Der Herr Jesus heißt uns also zum Vater zu
bitten, dass sein Reich komme’. Hier übergehen die Futuristen eine wichtige Wahrheit, die das
Verständnis der Prophetie m.E. ganz entscheidend verzerrt. Hat der Herr Jesus ‚uns’ geheissen,
so zu beten? Nein. Er hat jene Menschen angewiesen so zu beten, die vor 2000 Jahren als Zeitgenossen
seiner irdischen Gottessohnschaft die Botschaft des kommenden Reiches Gottes vernahmen."
Hier hat der Herr natürlich zu den Menschen seiner Zeit gesprochen aber – und
hier stimmt die überwiegende Mehrheit der Ausleger überein – die Gültigkeit dieses Gebets
erstreckt sich bis zur Wiederkunft des Herrn in der Zukunft, also bis der Wille Gottes auch auf
Erden geschieht. Wenn Sie diese Sicht ablehnen, dürften Sie eigentlich das Herrengebet nicht mehr
beten!?
Wenn wir uns nun den von Ihnen zitierten Text aus Lk 17,20 ansehen, haben wir einen konkreten
Hinweis, zu wem der Herr diese Worte gesprochen hat:
"Als er aber von den Pharisäern gefragt wurde"
Es waren also die Pharisäer, welche ihn hier gefragt haben und welchen er dann
sagte:
"Denn siehe, das Reich Gottes ist mitten unter euch."
Und hier scheinen Sie nun eben jenen "Fehler" zu begehen, welchen Sie mir
vorwerfen: Sie beziehen nämlich diese Aussage zu den pharisäischen Zeitgenossen des Herrn
schnurstracks auf uns Heutige und folgern daraus:
"Wenn das Reich Gottes also mitten unter uns ist, dann ist es
natürlich auch auf der Erde präsent – nämlich inwendig in uns."
Wenn nun der Herr Jesus zu den Pharisäern sagte "Das Reich Gottes ist mitten
unter euch" und Sie interpretieren das dann so, dass das Reich Gottes in den
Menschen, also "inwendig" gewesen sei bzw. ist, so entspricht das nicht der Semantik dieser
Worte. Denn die Pharisäer wurden vom Herrn z. B. in Jh 8,44 als die Söhne des Teufels bezeichnet
und in ihnen das Reich Gottes "inwendig" sehen zu wollen, wäre daher völlig falsch.
Man darf eben auch diese Aussage nicht uminterpretieren. Der Herr sagte hier:
das Reich Gottes ist mitten unter (grie. entos)
euch
und wie es auch die Übersetzung ganz klar zum Ausdruck bringt, meint das eben nicht
"in", sondern "unter" ihnen war das Reich Gottes. Und damit konnte der Herr eben auch nur
sich selbst meinen, der er "unter ihnen" war. Er war der Repräsentant des Reiches Gottes. Dies
geht übrigens auch aus anderen Stellen des NT hervor, wie z. B. Lk 11,20:
Wenn ich aber durch den Finger Gottes die Dämonen austreibe, so ist also das Reich Gottes zu euch gekommen.
Lk 11,19 Wenn aber ich durch Beelzebul die Dämonen austreibe, durch
wen treiben eure Söhne sie aus? Darum werden sie eure Richter sein. 11,20 Wenn ich aber
durch den Finger Gottes die Dämonen austreibe, so ist also das Reich Gottes zu euch gekommen.
Lk 11,19-20;
Und der Herr hat gerade den Pharisäern, welche ja das Messianische Reich noch zu
ihren Lebzeiten erwarteten, zu verstehen gegeben, dass er dieses Reich Gottes
darstellt und nur durch die Annahme des Sohnes Gottes im Glauben Realität werden konnte. Dies haben
aber dann nicht nur die Pharisäer abgelehnt.
Bezüglich Ihrer Ausführungen über "die Bibelkritiker" und "die Futuristen" möchte ich
nochmals dringend ersuchen, dass wir ausschließlich auf jene Aussagen Bezug nehmen, welche der
Diskussionspartner auch explizit formuliert hat. Wir ersparen uns damit viel Zeit und die Kommentare
werden dadurch auch kürzer, prägnanter und damit lesbarer.
In Ihrem weiteren Kommentar führen Sie dann aus, dass der griechische Ausdruck "ge" nichts mit
dem Planeten Erde zu tun hätte, sondern eher das Land als Abgrenzung zum Meer meint:
"Dann versuchen Sie ‚Dein Wille geschehe wie im Himmel so auf Erden’
auf eine Weise anzuwenden, dass mit ‚so auf Erden’ der Beweis für ein irdisches Gottesreich
erbracht sei. Abgesehen davon, dass hier für Erde der griechische Ausdruck ‚ge’ steht, der eben
nichts mit dem Planeten Erde zu tun hat sondern eher das Land als Abgrenzung zum Meer meint und im
jüdischen Verständnis das verheissene Land bedeutete, ist damit nichts über die Natur des Reiches
Gottes gesagt. Wohl aber an anderer Stelle, wie ich oben bereits zitiert habe."
Hier befinden Sie sich offensichtlich im Irrtum. Das griechische "ge" steht
eindeutig für "Erde, Land, Erdreich .." (nach Menge). Und dass dies auch im NT so verstanden
wird, erkennen wir z. B. in der Offenbarung – ich erwähne nur Off 20,8.9.11; 21,1.24; u.v.a.m – wo
es sich eindeutig um die Erde als Planeten handelt.
Vor dessen Angesicht entfloh die Erde und der Himmel.
Off 20,7 Und wenn die tausend Jahre vollendet sind, wird der Satan aus
seinem Gefängnis losgelassen werden 20,8 und wird hinausgehen, die Nationen zu verführen, die
an den vier Ecken der Erde sind, den Gog und den Magog, um sie zum Krieg zu versammeln;
deren Zahl ist wie der Sand des Meeres. 20,9 Und sie zogen herauf auf die Breite der Erde
und umzingelten das Heerlager der Heiligen und die geliebte Stadt; und Feuer kam aus dem Himmel
herab und verschlang sie.
20,10 Und der Teufel, der sie verführte, wurde in den Feuer- und Schwefelsee geworfen, wo sowohl
das Tier als auch der falsche Prophet sind; und sie werden Tag und Nacht gepeinigt werden
von Ewigkeit zu Ewigkeit. 20,11 Und ich sah einen großen weißen Thron und den, der darauf
saß, vor dessen Angesicht die Erde entfloh und der Himmel, und keine Stätte wurde
für sie gefunden. Off 20, 7-11;
Ein neuer Himmel und eine neue Erde.
Off 21,1 Und ich sah einen neuen Himmel und eine neue Erde;
denn der erste Himmel und die erste Erde waren vergangen, und das Meer ist nicht mehr.
Off 21, 1;
Off 21,24 Und die Nationen werden in ihrem Licht wandeln, und die Könige der Erde
bringen ihre Herrlichkeit zu ihr. Off 21,24;
Hier haben wir im griechischen Text an allen Stellen "ge" genannt und bei einem
"neuen Himmel und einer neuen Erde" beispielsweise, kann es sich nicht um eine "Abgrenzung zum
Meer" handeln, wie Sie oben vermuten.
Es zeigt sich hier leider, dass die Präteristen alle jene biblischen Aussagen, welche tatsächlich
eine irdische, materielle und sichtbare Erfüllung des Reiches Gottes belegen, wie eben z. B. das
"dein Reich komme, dein Wille geschehe, wie im Himmel so auch
auf Erden"
aus dem Herrengebet in Mt 6,10 – oft wider besseres Wissens – uminterpretieren,
um ihre eigene Sicht des ausschließlich geistlichen, transzendenten und keinesfalls sichtbaren,
materiellen Reiches Gottes aufrecht erhalten zu können. Dies kommt dann auch in Ihrer
abschließenden Bemerkung zum Ausdruck:
"Wenn Sie den Neuen Bund nicht als geistliche und unsichtbare
Erfüllung des Alten Bundes verstehen, der als irdisches und sichtbares Vorbild das Unsichtbare des
Reiches Gottes erklärte – dann werden sich unsere Diskussionen natürlich im Kreis drehen. Und wenn
Sie an einer irdisch-mathematischen Bedeutung der 1000 Jahre in Offb. 20 festhalten, so nehme ich
mit Respekt zur Kenntnis, dass Sie konsequenterweise auch daran glauben müssen, dass der
verheissene Bund in 1. Chronik 16,15 genau 1000 Generationen einschliesst. Ich persönlich kann
dieser Form von wörtlicher Auslegung nicht folgen, weil eine gesunde Auslegungspraxis nach meiner
Ansicht die Semantik im Kontext mit dem jüdischen Sprachgebrauch berücksichtigt. Und davon ist
unser modernes Textverständnis weit entfernt."
Nein, ich kann "den Neuen Bund nicht als geistliche und unsichtbare Erfüllung des
Alten Bundes" verstehen, da auch die vielen Prophezeiungen dieses Alten Bundes auf das Kommen des
Erlösers ebenso wie auf seinen Tod und seine Auferstehung – dem Allmächtigen sei Dank – nicht
unsichtbar, sondern in körperlicher und sichtbarer Form in Erfüllung gegangen sind.
Wer damals – und übrigens auch heute – die Ansicht vertreten hätte, dass der Alte Bund eine
geistliche und unsichtbare Erfüllung finden müsste, hätte nicht nur den Sohn Gottes in seiner
körperlichen und sichtbaren Erscheinung ablehnen, sondern auch seinen Tod als Loskaufopfer für die
Sünden der Welt und seine Auferstehung als nicht schriftkonform verwerfen müssen.
Und das scheint mir nun genau jener Ansatzpunkt zu sein, an welchem die selektive Sicht des
Präterismus zu Tage tritt: Einerseits will man den Neuen Bund als eine "geistliche und
unsichtbare" Erfüllung des Alten Bundes sehen, andererseits kann man – wohl zwangsläufig aber
doch – die wichtigsten Inhalte des gesamten Alten Bundes, nämlich die körperliche und sichtbare
Erfüllung der Prophezeiungen auf den Sohn Gottes nicht leugnen.
Wie man sieht, sollte eine "gesunde Auslegungspraxis" vor allem die Realitäten der Bibel
berücksichtigen bevor man sich mit der "geistigen und unsichtbaren Erfüllung" befasst.
Anonym 00, 2001-05-30
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