Hat Christus als Gottes Sohn gar nicht sündigen
können? / Artikel von J. Ph. Fijnvandraat 2004-08-02
Wenn der Herr Sünde hätte tun können, hätte er uns
nicht erlösen können? / Posting von Klaus bei Bibelkreis.ch 2004-08-02
Jesus Christus – ganz Gott und ganz Mensch.
/ Kommentar Christian Bollmeyer 00, 2004-04-14
Jesus kann nicht sündigen, weil er aus Gott geboren
ist? / Beitrag von Herbert bei Bibelkreis.ch, 2006-10-30
"Er (Christus / Anm.) wurde auf übernatürliche Weise gezeugt. ‘Er hat
keine Sünde getan’ bezeugt Petrus. ‘Er kannte die Sünde (als verführende Macht in sich)
nicht’, schreibt Paulus. ‘In ihm war keine Sünde’, erklärt Johannes. Deswegen hatte der
Tod keine Macht über ihn. Darum also konnte Gott seinen Sohn in die Welt senden."
(Auszug aus dem Artikel "Können Gläubige ("Wiedergeborene") verloren gehen?" von
J. Ph. Fijnvandraat auf der Website https://www.bibelkreis.ch/themen/glauverl.html)
Hier einmal die von J. Ph. Fijnvandraat oben zitierten Bibelstellen im Volltext:
Christus, der keine Sünde getan hat, auch ist kein Trug in seinem Mund gefunden worden.
1Ptr 2,21 Denn hierzu seid ihr berufen worden; denn auch Christus hat für euch gelitten und euch ein Beispiel hinterlassen, damit ihr seinen Fußspuren nachfolgt: 2,22 der keine Sünde getan hat, auch ist kein Trug in seinem Mund gefunden worden. 1Ptr 2,21-22;
Den, der Sünde nicht kannte, hat er für uns zur Sünde gemacht.
2Kor 5,21 Den, der Sünde nicht kannte, hat er für uns zur Sünde gemacht, damit wir Gottes Gerechtigkeit würden in ihm. 2Kor 5,21;
Wer von euch überführt mich einer Sünde? Wenn ich die Wahrheit sage, warum glaubt ihr mir nicht?
Jh 8,45 Weil ich aber die Wahrheit sage, glaubt ihr mir nicht. 8,46 Wer
von euch überführt mich einer Sünde? Wenn ich die Wahrheit sage, warum glaubt ihr mir nicht?
Jh 8,45-46;
Man muss zuerst einmal darauf hinweisen, dass J. Ph. Fijnvandraat die Paulusstelle
in 2Kor 5,21 tendenziös zitiert, wenn er den Text: "(als verführende Macht in sich)" nicht
ganz klar als seinen eigenen Einschub kennzeichnet. Und wenn wir uns die weiteren von ihm zitierten
Texte genauer ansehen, erkennen wir insgesamt einen ganz anderen Hintergrund:
Gerade die letzte Aussage des Herrn, hier oben in Jh 8,45: "Wer von euch überführt mich einer
Sünde?", wäre völlig unverständlich und eine ausgesprochene Verhöhnung gewesen, wenn der Herr
deshalb, weil er auf übernatürliche Weise gezeugt wurde, "die Sünde als verführende Macht in
sich" tatsächlich nicht erlebt haben sollte. Er wäre vergleichbar mit einem Gehörlosen der sich
rühmt, noch nie an der Tür gelauscht zu haben. Ähnlich, wie wenn ein katholischer Priester über
die Ehe dozierte, würde ja dann auch der Herr Jesus von Dingen sprechen, welche er nie erfahren hat
und daher auch nicht verstehen würde. Die Aussage von Ph. Fijnvandraat schließlich: "Darum also
konnte Gott seinen Sohn in die Welt senden", zeigt den ganzen Erkenntnisdefizit dieser Sichtweise
auf: Demnach wäre also das "Risiko" der Menschwerdung des Sohnes Gottes dadurch minimiert
worden, indem Jesus gegen die Sünde immunisiert und der Versuchung überhaupt nicht ausgesetzt
werden sollte.
Tatsächlich – und für jeden Schriftkenner völlig einleuchtend – ist gerade das Gegenteil der
Fall. Ebenso wie bei der Behauptung einer "Prädestination" (der göttlichen Vorherbestimmung
des Menschen zur Seligkeit oder Verdammnis) durch manche Ausleger, wird auch hier der Hintergrund
nicht analysiert und erkannt. Natürlich wurde der Herr versucht und hat somit die Sünde als
angreifende Macht erfahren. Wie schon Hbr 2,18 hier unten sagt: "denn worin er selbst gelitten
hat, als er versucht worden ist, kann er denen helfen, die versucht werden". Mehr noch:
gerade weil er "in allem den Brüdern gleich" geworden ist, konnte er als
Hohepriester vor Gott die Sünden der Menschen sühnen. Dies war also die Voraussetzung dafür, dass
er unsere Sünden auf sich nehmen und für uns das Loskaufopfer erbringen konnte, weil er die Sünde
wohl erlebt – ihr aber nie nachgegeben hat.
Denn er nimmt sich nicht der Engel an, sondern der Kinder Abrahams nimmt er sich an. Daher musste der Sohn in allem seinen Brüdern gleich werden, auf dass er barmherzig würde und ein treuer Hoherpriester vor Gott, zu sühnen die Sünden des Volkes.
Denn da er selber gelitten hat und versucht worden ist, kann er helfen denen, die versucht werden. |
Was die Vertreter dieser falschen Auffassung in ihrer oberflächlichen
Betrachtungsweise völlig übersehen, ist der Unterschied zwischen sündigen können und
tatsächlichem sündigen. Es ist ein Unterschied, ob jemand aufgrund seines immensen Reichtums in
der Lage wäre sämtliche Aktien der New Yorker Börse aufzukaufen und ob er dies dann auch
tatsächlich tun würde.
Das Argument, welches hier oft angeführt wird, dass Jesus Christus Gott war und daher keine Sünde
in ihm gewesen sein konnte, vermengt wieder verschiedene wesentliche Zusammenhänge:
- der Herr ist durch den Heiligen Geist gezeugt worden und war daher
unbefleckt und frei von der Erbsünde
- Jesus Christus war demnach von Geburt an Gottes Sohn und hatte wie der
Vater keine Sünde in sich
- er hatte vom Vater den Auftrag als Mensch für die Sünden der ganzen
Welt das Loskaufopfer am Kreuz zu erbringen
- er hat daher freiwillig auf seine göttliche Eigenschaft verzichtet und
ist ganz Mensch geworden
- als Mensch war er für die Sünde empfänglich und ist auch versucht
worden. Er hat aber jeder Sünde widerstanden und ist daher auch bis zu seinem Tod am Kreuz
sündenfrei geblieben.
Genau das bestätigt uns auch Paulus in seinem Brief an die Philipper 2,5-8:
Aber er machte sich selbst zu nichts und nahm Knechtsgestalt an, indem er den Menschen gleich geworden ist.
Phil 2,5 Habt diese Gesinnung in euch, die auch in Christus Jesus war,
2,6 der in Gestalt Gottes war und es nicht für einen Raub hielt, Gott gleich zu sein.
2,7 Aber er machte sich selbst zu nichts und nahm Knechtsgestalt an, indem er den Menschen
gleich geworden ist, und der Gestalt nach wie ein Mensch befunden, 2,8 erniedrigte er sich
selbst und wurde gehorsam bis zum Tod, ja, zum Tod am Kreuz. Phil 2, 5- 8;
Jesus Christus war in Gestalt Gottes ganz Gott und in Knechtsgestalt ganz Mensch. Er
hat als Gott in den Tagen seiner Selbsterniedrigung auf die unabhängige Ausübung seiner
göttlichen Eigenschaften verzichtet und sich in eine freiwillige Beschränkung und Abhängigkeit
vom Vater begeben und in Menschengestalt alle Aspekte des menschlichen Lebens gekannt und erfahren.
Und die Aussage des Petrus, weiter oben in 1Ptr 2,22: "Christus, der keine Sünde getan
hat, auch ist kein Trug in seinem Mund gefunden worden", bestätigt ja nur, dass er von der Sünde
- sogar vom Satan persönlich (Lk 4,1-11) – versucht worden ist, aber widerstanden und keine Sünde
getan hat. Was hätte diese Versuchung des Satans für einen Wert, wenn der Herr zu keiner Sünde fähig
gewesen wäre? Der Herr hatte also die Sünde sehr wohl erfahren, aber keine Sünde getan,
d.h. der Versuchung nie Raum gegeben. Wer dies nun darauf zurückführen will, dass der Herr durch
seine übernatürliche Geburt gegen die Sünde immun und ihr tatsächlich nie ausgesetzt gewesen
wäre, stellt den Heilsplan Gottes auf den Kopf, leugnet die Kraft und Treue unseres Heilands und
macht das Loskaufopfer des Herrn zu einer quantité négligeable.
Das sind jene Geschwister, welche leider auch leugnen wollen, dass ein "wiedergeborener"
Christ wieder vom Glauben abfallen kann, obwohl uns das der
Hebräerbriefschreiber ausdrücklich mitteilt.
Denn es ist unmöglich, diejenigen, die einmal erleuchtet worden sind und des Heiligen Geistes teilhaftig geworden sind und abgefallen sind, wieder zur Buße zu erneuern.
Heb Denn es ist unmöglich, diejenigen, die
einmal erleuchtet worden sind und die himmlische Gabe geschmeckt haben
und des Heiligen Geistes teilhaftig geworden sind und das gute Wort Gottes und die
Wunderwerke des zukünftigen Zeitalters geschmeckt haben und abgefallen sind,
wieder zur Buße zu erneuern, da sie den Sohn Gottes für sich selbst kreuzigen
und ihn zur Schau stellen. Hbr 6,4-6;
(Siehe auch Diskurs 85: "Die echte und die falsche Wiedergeburt.")
Die Frage, ob der Herr hätte sündigen können, hat auch ein junger Mann auf der Website
von Hans Peter Wepf bei Bibelkreis.ch völlig zu Recht positiv beantwortet, musste dann jedoch
Antworten wie die folgende über sich ergehen lassen:
(...) ich dachte mich tritt ein Pferd! Die Frage, ob der HErr JEsus hätte
sündigen können ist dermaßen absurd und kann nur aus der schmutzigsten Ecke einer satanischen
Zweifelschmiede entsprungen sein. Das Lamm Gottes – ohne Fehl, seit Abraham und Isaak und vorher
im Paradies als Schlangenkopfzertreter sündigen? Also, wer in meiner Gegenwart solche Frage
stellen würde (als Christ natürlich) dem würde ich gerne meine Bibel um die Ohren schlagen
;-) dürfen, wenn es gestattet wäre ;-)
Welch Geistes Kind muß man sein um so einen Unsinn überhaupt zu fragen? Was soll diese der
dümmsten Fragen überhaupt bezwecken? Nur Zwietracht und schlimmstes Ärgernis. Hätte der HErr
Jesus ertrinken können als er auf dem Wasser des Sees ging? Na, schön blöde gefragt. Niemals
hätte der HErr JEsus uns erlösen können wenn er auch nur eine Sünde hätte tun können. Mir
wird es irgendwie übel, mich mit dieser Frage überhaupt zu befassen. Doch werde ich einige
Bibelstellen als Hammer gegen diesen satanischen Felsen gröbster Dummheit schleudern wollen.
Erst sende ich Dir "Gold" aus der Schatzkammer des Wortes Gottes, nämlich die "vormails"
erwähnte Arbeit von Dr. Dönges über Stellung und Zustand des Gläubigen. Diese o.a. Frage
verdient wie Unrat auf den Müll der Mißachtung geschüttet zu werden. Jenem Fragesteller
würde ich ein- oder zweimal ermahnen sein "Maul" (würde Luther sagen) zu halten um
die Glaubenden nicht zu verwirren, möge er sich jenen "Geistern" zuwenden, welche der
"Rotte Korah" alle Ehre machten: sie verschwanden vom Erdboden! G o t t war in
Christus und der HErr JEsus selber ist aus dem Vater gezeugt und – welch Geheimnis – auch Gott
selber! Hätte Gott denn sündigen können? Nur teuflische List welche im Paradies flüsterte
(sollte Gott gesagt haben) ist fähig, solche Gedanken zu produzieren. Eine Antwort paßt, wie
die zur Stillung des Sturmes durch unseren HErrn auf hoher See: verstumme. Im herzlichen "mehrmals-täglichem"
Gedenken! Klaus.
(Diese Stellungnahme wurde der Website https://www.bibeklkreis.ch/forum/frage239.html
/ Hans Peter Wepf, h.p.wepf@bibelkreis.ch
entnommen.)
(Siehe auch eine ganz ähnliche Argumentation bei: "www.bibel-info.net")
Auch in manchen anderen Stellungnahmen zu dieser Frage von ansonsten sichtlich gläubigen Brüdern, erkennt man, wie wenig sie die Hintergründe und Konsequenzen ihrer Aussagen bedenken. Sie leugnen, dass der Herr – obwohl Gott – als Mensch bewusst und willentlich Knechtsgestalt angenommen hat und im Fleisch unter uns gelebt hat. Sie behaupten, dass er gar nicht ganz Mensch gewesen und daher auch nicht zur Sünde fähig gewesen wäre. Damit verleugnen sie die Kraft unseres Heilandes, der von sich selbst sagt:
Seid guten Mutes, ich habe die Welt überwunden.
Jh 16,33 "Dies habe ich zu euch geredet, damit ihr in mir Frieden
habt. In der Welt habt ihr Bedrängnis; aber seid guten Mutes, ich habe die Welt überwunden.
Jh 16,33;
Der Herr tröstet uns hier über die Bedrängnisse – und damit auch die Sünde – in
der Welt und sagt: "seid guten Mutes, ich habe die Welt überwunden". Was wäre das für ein
Trost, wenn wir davon ausgehen müssten, dass er diese Bedrängnisse nur deshalb überwunden hat,
weil er als Gott gar nicht davon berührt werden konnte und wir, die wir sündige Menschen sind,
dieser Bedrängnis nichts entgegenzusetzen hätten? Nein, es ist vielmehr so, dass uns der Herr hier
sagt, dass er – obwohl Gott – als ein Mensch wie wir auch, diese Bedrängnisse erlebt und
überwunden, der Versuchung widerstanden hat und daher auch wir in der Lage sind, ein Gleiches zu
tun und zu überwinden.
Und nun heißt es im obigen Kommentar:
"Niemals hätte der HErr JEsus uns erlösen können wenn er auch nur
eine Sünde hätte tun können".
Diese Aussage dokumentiert die völlig verkehrte und beschränkte Sicht dieser Auffassung. Man möchte sich besonders "heilig" darstellen, jedoch schon die Wortwahl lässt erkennen, welcher Geist sich hier offenbart und das Niveau dieses Beitrags spricht für sich selbst. Tatsächlich wird hier die Kraft und der Sieg des Herrn über die Sünde und den Satan geleugnet. Denn es ist gerade das Gegenteil der obigen Aussage richtig: eben wenn der Herr keine Sünde hätte tun können, hätte er uns gar nicht erlösen können. Er hat in seinem Erdenleben keine einzige Sünde getan, doch nicht weil er dazu nicht fähig gewesen wäre, sondern weil er jeder Versuchung widerstanden und so über die Sünde obsiegt hat.
Der in allem in gleicher Weise wie wir versucht worden ist, doch ohne Sünde.
Hbr 4,15 Denn wir haben nicht einen Hohenpriester, der nicht Mitleid
haben könnte mit unseren Schwachheiten, sondern der in allem in gleicher Weise wie wir versucht
worden ist, doch ohne Sünde. Hbr 4,15;
Daher war er in der Lage freiwillig für unsere Sünden am Kreuz zu sterben und Gott hat ihn für uns zur Sünde gemacht. Es sind die Sünden der gesamten Menschheit aller Zeiten, welche bei seinem Tod am Kreuz auf ihn, auf dem keine einzige Sünde war, gekommen und gelastet sind. Es ist jene Sündenlast, deretwegen unmittelbar vor seinem Tod Finsternis über das ganze Land kam und ihn sogar der Heilige Geist verlassen musste, weil Gottes Geist nicht mit Sünde in einem Leib – auch wenn es der menschliche Leib des Sohnes Gottes war – sein konnte. Es war jener Moment als der Herr rief:
Mein Gott, mein Gott, warum hast du mich verlassen?
Mt 27,45 Aber von der sechsten Stunde an kam eine Finsternis über das
ganze Land bis zur neunten Stunde; 27,46 um die neunte Stunde aber schrie Jesus mit lauter Stimme
auf und sagte: Eli, Eli, lemá sabachtháni? Das heißt: Mein Gott, mein Gott, warum hast du
mich verlassen? Mt 27,45-46;
Um Gottes Gerechtigkeit Genüge zu tun, hat der Sohn Gottes die Sünde der ganzen
Welt auf sich genommen und ist als Sünder am Kreuz gestorben. Damit hat sich Gott in seiner Liebe
selbst geopfert, um jeden Menschen, der dieses Loskaufopfer für sich in Anspruch nimmt, die
Vergebung der Sünden und die Erlösung anzubieten. Die Ansicht, dass Gott sich in seiner
Gerechtigkeit dadurch selbst betrügen würde, indem er dieses Sündopfer von jemandem erbringen
lässt, der die Versuchung nicht kennt und gegen Sünde immun ist, verkennt den ganzen Ernst der
Gerechtigkeit aber auch der Liebe Gottes.
Doch auch wenn wir uns in Lk 4,1-13 die Versuchung des Herrn durch Satan in der Wüste ansehen,
lässt sich die Auffassung, dass der Herr Jesus für Versuchung und Sünde unangreifbar war,
eindeutig widerlegen.
Und als der Teufel jede Versuchung vollendet hatte, wich er für eine Zeit von ihm.
Lk 4,1 Jesus aber, voll Heiligen Geistes, kehrte vom Jordan zurück und
wurde durch den Geist in der Wüste vierzig Tage umhergeführt 4,2 und von dem Teufel versucht.
Und er aß in jenen Tagen nichts; und als sie zu Ende waren, hungerte ihn. 4,3 Und der Teufel sprach
zu ihm: Wenn du Gottes Sohn bist, so sprich zu diesem Stein, daß er Brot werde. 4,4 Und
Jesus antwortete ihm: Es steht geschrieben: «Nicht vom Brot allein soll der Mensch leben.»
4,5 Und er führte ihn auf einen hohen Berg und zeigte ihm in einem Augenblick alle Reiche des
Erdkreises. 4,6 Und der Teufel sprach zu ihm: Dir will ich alle diese Macht und ihre Herrlichkeit
geben; denn mir ist sie übergeben, und wem immer ich will, gebe ich sie. 4,7 Wenn du nun vor
mir anbeten willst, soll das alles dein sein. 4,8 Und Jesus antwortete ihm und sprach: Es steht
geschrieben: «Du sollst den Herrn, deinen Gott, anbeten und ihm allein dienen.»
4,9 Und er führte ihn nach Jerusalem und stellte ihn auf die Zinne des Tempels und sprach zu ihm: Wenn
du Gottes Sohn bist, so wirf dich von hier hinab; 4,10 denn es steht geschrieben: «Er wird
seinen Engeln über dir befehlen, daß sie dich bewahren; 4,11 und sie werden dich auf den
Händen tragen, damit du nicht etwa deinen Fuß an einen Stein stößt.» 4,12 Und Jesus
antwortete und sprach zu ihm: Es ist gesagt: «Du sollst den Herrn, deinen Gott, nicht versuchen.»
4,13 Und als der Teufel jede Versuchung vollendet hatte, wich er für eine Zeit von ihm.
Lk 4, 1-13;
Wenn es tatsächlich so wäre, dass der Herr Jesus für Versuchung und Sünde
unangreifbar gewesen wäre, wie dumm hätte hier Satan sein müssen, um ihn immer wieder in
Versuchung zu führen, obwohl er wissen musste, dass ein Erfolg von vornherein auszuschließen war?
Und wie einfach wäre es für den Teufel, seine Niederlage hier mit der Argumentation der obigen
Brüder zu begründen, dass ihm der Sohn Gottes ja gar nicht widerstanden hätte, sondern aufgrund
seiner göttlichen Geburt ganz einfach für Versuchung und Sünde unangreifbar ist und dies daher
keine besondere Leistung und schon gar kein Sieg über ihn, den Satan, gewesen wäre?
Und wenn Satan hier oben in Lk 4,10-11 völlig richtig die Schrift zitiert, wenn er sagt: "Es
steht geschrieben: Er wird seinen Engeln über dir befehlen, daß sie dich bewahren und sie werden
dich auf den Händen tragen, damit du nicht etwa deinen Fuß an einen Stein stößt" (Ps
91,11-12), ist daraus zu erkennen, dass der Herr jederzeit in seinem Erdenleben die Möglichkeit
gehabt hätte, auf seine freiwillig gewählte Selbstbeschränkung zu verzichten und wieder
göttliche Gestalt anzunehmen. Doch er tat dies in keiner Sekunde. Selbst als er – wie es oben in Mt
27,45-46 steht – drei Stunden am Kreuz leiden musste bevor er sterben konnte und ihn dann auch noch
der Heilige Geist verlassen musste, hat der Herr Jesus nicht daran gedacht, dieser Qual ein Ende zu
bereiten und sich von den Engeln bewahren zu lassen, obwohl er dazu Vollmacht gehabt hätte, wie er
selbst in Jh 10,17-18 bestätigt:
Niemand nimmt mein Leben von mir, sondern ich lasse es von mir selbst.
Jh 10,17 Darum liebt mich der Vater, weil ich mein Leben lasse, um es wiederzunehmen. 10,18 Niemand nimmt es von mir, sondern ich lasse es von mir selbst. Ich habe Vollmacht, es zu lassen, und habe Vollmacht, es wiederzunehmen. Dieses Gebot habe ich von meinem Vater empfangen. Jh 10,17-18;
Oder meinst du, daß ich nicht meinen Vater bitten könne und er mir mehr als zwölf Legionen Engel stellen werde?
Mt 26,53 Oder meinst du, daß ich nicht meinen Vater bitten könne
und er mir jetzt mehr als zwölf Legionen Engel stellen werde? Mt 26,53;
Wenn also der Sohn Gottes Leiden und Tod als einfacher Mensch freiwillig auf sich
genommen und bewältigt hat um dem Willen Gottes zu entsprechen und ein wohlgefälliges Sündopfer
als Lösegeld für die Menschheit zu erbringen, wieso meint man dann in manchen Kreisen, dass er zu
schwach gewesen sein könnte, um sich in dieser seiner Menschengestalt gegen Versuchung und Sünde
zu behaupten und sich deshalb durch seine göttliche Geburt dagegen hätte schützen müssen?
Gerade das werden ja die Gottlosen und Unbußfertigen unserem Herrn als ihrem Richter beim Letzten
Gericht vorwerfen wollen: dass er als Gott keine Ahnung von den Mühen und Versuchungen der Menschen
auf Erden hat und daher dies auch nicht gerecht beurteilen kann. Doch dann werden sie erkennen
müssen, dass Gott seinem Sohn deshalb alles Gericht übergeben hat, weil er der Einzige ist, der
ganz Mensch war und in seinem kurzen Leben alle Höhen und Tiefen des menschlichen Lebens durchlebt
und erlitten hat und trotzdem standhaft und dem Vater treu geblieben ist.
Denn der Vater richtet auch niemand, sondern das ganze Gericht hat er dem Sohn gegeben.
Jh 5,21 Denn wie der Vater die Toten auferweckt und lebendig macht, so
macht auch der Sohn lebendig, welche er will. 5,22 Denn der Vater richtet auch niemand, sondern
das ganze Gericht hat er dem Sohn gegeben, 5,23 damit alle den Sohn ehren, wie sie den Vater
ehren. Wer den Sohn nicht ehrt, ehrt den Vater nicht, der ihn gesandt hat. 5,24 Wahrlich,
wahrlich, ich sage euch: Wer mein Wort hört und glaubt dem, der mich gesandt hat, der hat ewiges
Leben und kommt nicht ins Gericht, sondern er ist aus dem Tod in das Leben übergegangen. Jh
5,21-24;
Und wenn weiter oben die falsche Lehre einer "Prädestination" – also die Vorauserwählung des Menschen durch Gott zum ewigen Leben oder zur ewigen Verdammnis – erwähnt wurde, so erkennen wir hier ein ganz ähnliches Schema: Wie man dort meint, dass der Mensch seine Zukunft ohne jede Eigenleistung bereits "in der Tasche" hätte und es keiner weiteren Anstrengung bedarf, glaubt man hier, dass Christus sein Leben auf Erden zwar in menschlicher Gestalt gelebt hat, aber durch seine göttliche Geburt den menschlichen Niederungen gar nicht ausgesetzt war. Diese Sicht entspricht der Lehre der "christlichen Gnosis", von deren Vertreter die ersten christlichen Gemeinden stark bedrängt wurden. Werner de Boor geht in seiner "Erklärung zu den Johannesbriefen" (Wuppertaler Studienbibel, S 109f), beim Kommentar zu 1Jh 4,2-3, im Detail auf diesen Umstand ein.
Und jeder Geist, der Jesus nicht bekennt, ist nicht aus Gott. Und dies ist der Geist des Antichristen.
1Jh 4,2 Daran erkennt ihr den Geist Gottes: Jeder Geist, der Jesus
Christus als den im Fleisch gekommenen bekennt, ist aus Gott. 4,3 Und jeder Geist, der den
Jesus nicht bekennt, ist nicht aus Gott. Und dies ist der Geist des Antichristen, von dem ihr
gehört habt, dass er kommt, und jetzt ist er bereits in der Welt. 1Jh 4, 2- 3;
Dazu schreibt Werner de Boor:
"Wir werden mit diesem Satz des Johannes: ‘Jeder Geist, der Jesus
Christus als den im Fleisch gekommenen bekennt, ist aus Gott’ erst einmal wenig anfangen
können. Die Gemeinde damals horchte sofort auf! Sie wurde bedrängt von Werbern einer ‘christlichen
Gnosis’. In diesen großen, religiösen Systemen wurde natürlich auch von ‘Christus’
gesprochen. Es wurde bezeugt, dass ein himmlischer Christus aus der Lichtwelt gekommen sei, um die
menschlichen Seelen aus der Verlorenheit in Finsternis und Tod in das Lichtreich zurückzuführen.
Aber dieser ‘Christus’ hatte sich nur zeitweilig mit dem geschichtlichen Menschen Jesus
verbunden und trug diese Menschengestalt nur als äußeres Kleid. Gelitten und geblutet hatte nur
der Mensch Jesus; gestorben war nur er. Denn leiden, bluten, sterben konnte das Himmelswesen ‘Christus’
niemals. Die Erlösung geschah darum auch nicht durch Leiden, Bluten, Sterben, sondern durch ‘Gnosis’,
durch ‘Erkenntnis’, auch wenn diese nicht eine intellektuelle, sondern eine mystisch-religiöse
war.
Dass ‘das Wort’ sich nicht nur in Fleisch ‘verkleidete’, sondern ‘Fleisch wurde’, ‘im
Fleisch kam’, das war für die christliche Gnosis völlig irrig, ja geradezu lästerlich. Für die
apostolische Botschaft aber lag alles gerade an der Erniedrigung des Sohnes Gottes, an seiner
wirklichen Menschwerdung, an seinem Gekommensein ‘im Fleisch’. Denn nur so konnte das geschehen,
was allein den gottwidrigen, schuldigen, vor Gott verlorenen Menschen rettet, das Leiden und Sterben
am Fluchholz des Kreuzes. Hier gingen die Wege der apostolischen Gemeinden und der christlichen
Gnosis radikal auseinander.
Jetzt leuchtet uns auf, wie sehr der Satz des Johannes trotz seiner geschichtlichen Zuspitzung
dennoch für jede Zeit, auch für die unsere, ein entscheidender und darum auch scheidender Satz
ist. Unter immer neuen Formen und Ausdrücken will der Mensch einen imponierenden Christus haben,
einen ‘zeitgemäßen’ Christus, den er jedem empfehlen kann. Er will sich des Evangeliums nicht
‘schämen’ müssen. Der leidende, blutende, am Kreuz sterbende Christus ist heute wie damals ‘eine
Torheit’ oder ‘ein Ärgernis’ (1Kor 1,23).
Dahinter aber steht noch etwas Tieferes. Es geht dabei um uns selber und um unsere
Selbstbeurteilung. ‘Im Fleisch kommen’, ohne Glanz und Macht in der Welt stehen und so furchtbar
am Fluchholz sterben musste der Sohn Gottes um unserer Sünde willen. Wer also gerade in diesem
Jesus, der von den Menschen ausgestoßen und von Gott dem Gericht preisgegeben am Kreuz stirbt, den
wahren ‘Christus’, den einzigen Retter verlorener Menschen anbetet, der muss dabei sich selbst
als einen Gerichteten sehen, der mit der Not seiner Schuld vor Gott nicht mehr aus und ein weiß und
der nur um diesen Preis errettet werden kann.
Und dagegen lehnt sich unser Stolz auf! Gegen diese Verurteilung wehren wir uns. Darum wollen wir
einen anderen Christus haben: einen edlen und großen Christus, bei dem wir selber ‘groß’
bleiben können, einen ‘Christus’, der als ‘Vorbild’ uns zu eigenen Taten der
Weltverbesserung treibt. ‘Glauben wie Jesus’, ‘lieben wie Jesus’, das Kreuz auf sich nehmen,
wie Jesus es tat, das ist nun der Weg zum Heil. Wer aber den ‘im Fleisch gekommenen’ Jesus
Christus und sein Sterben für uns nicht im Mittelpunkt seines Bekenntnisses hat, der erweist sich
eben damit als ein Blinder, der seine wirkliche Verlorenheit noch nicht erfahren hat. Hier ist der
Abgrund, der mancherlei Christentümer und Theologien von der apostolischen Botschaft trennt.
Darum fährt Johannes fort: ‘Und jeder Geist, der den Jesus nicht bekennt, ist nicht aus Gott’.
Das griechische NT von Nestle gibt so den Text. Wenn Johannes wirklich so schrieb, dann hat er sagen
wollen: wer nur von einem himmlischen Christus redet, und sich nicht wirklich zu ‘dem Jesus’
und damit zur wahren Menschwerdung des Erlösers (mit allen Leiden und Sterben, um dessentwillen sie
erfolgte) bekennt, der ‘ist nicht aus Gott’. Er geht an Gottes wahrer Offenbarung
vorbei und führt die Gemeinde irre."
(Siehe auch den Exkurs 08: "Der
erste und der zweite Tod – der Sünde Sold.")
Dies widerlegt nun sowohl die Aussagen von "Klaus" auf der Website von Hans
Peter Wepf, als auch und insbesondere jene von J. PH. Fijnvandraat, dass Gott seinen Sohn deshalb in
die Welt senden konnte, weil er "auf übernatürliche Weise gezeugt wurde" und deshalb Sünde
und Tod keine Macht über ihn hatten. Nein liebe Brüder, ebenso, wie der Herr den Tod wie jeder
andere Mensch auf Erden erleiden musste, hat er auch die Sünde wie jeder andere Mensch gekannt, hat
aber jeder Sünde widerstanden. Der Herr war nicht nur ein "bisschen" Mensch, er war es ganz und
gar und zu hundert Prozent. Gerade das macht ja sein Erlösungswerk für uns Menschen vor seinem
Gott und Vater zu einem wohlgefälligen Opfer.
Christus Jesus, der in Gestalt Gottes war, erniedrigte sich selbst, nahm Knechtsgestalt an und wurde den Menschen gleich.
Phil 2,5 Habt diese Gesinnung in euch, die auch in Christus Jesus
war, 2,6 der in Gestalt Gottes war und es nicht für einen Raub hielt, Gott gleich zu sein.
2,7 Aber er machte sich selbst zu nichts und nahm Knechtsgestalt an, indem er den Menschen gleich
geworden ist, und der Gestalt nach wie ein Mensch befunden, 2,8 erniedrigte er sich selbst
und wurde gehorsam bis zum Tod, ja, zum Tod am Kreuz. 2,9 Darum hat Gott ihn auch hoch erhoben
und ihm den Namen verliehen, der über jeden Namen ist, 2,10 damit in dem Namen Jesu jedes Knie sich
beuge, der Himmlischen und Irdischen und Unterirdischen, 2,11 und jede Zunge bekenne, daß Jesus
Christus Herr ist, zur Ehre Gottes, des Vaters. Phil 2, 5-11;
Christus Jesus, der in Gestalt Gottes war, hielt es nicht "für einen Raub" -
also für etwas, wofür man nichts bezahlen muss - Gott gleich zu sein. Sondern er erniedrigte
sich selbst, nahm Knechtsgestalt an und wurde den Menschen gleich. Und obwohl er es hätte jederzeit
ändern können, hat der Herr den Hass, die Verachtung und das Leid bis zu seinem Tod am Kreuz für
unsere Sünden, als Mensch durchgestanden. Und dieses Loskaufopfer ist unsere einzige Chance
auf Erlösung und daran müssen wir festhalten und dafür müssen wir dankbar sein. Daher haben auch
wir nicht mit Ruhm und Bewunderung, sondern mit dem Hass und der Verachtung der Welt um seines
Namens Willen zu rechnen.
Jeder Versuch, diese Kraft, Stärke und Treue unseres Heilands zu relativieren, indem man behauptet,
er wäre durch seine göttliche Geburt in irgendeiner Weise "geschützt" gewesen und hätte
daher per se die menschlichen Leiden und Probleme gar nicht gekannt, kommt einem Verrat am
Opfer unseres Herrn gleich.
Was ich bei www.bibelkreis jedoch vermisse, sind die biblischen Tugenden von
Liebe und Sanftmut sowie das Verinnerlichen der Tatsache, dass wir alle nur stückweise
erkennen, man insofern stets bescheiden bleiben sollte. Ich habe den Eindruck (obwohl der Ton in
letzter Zeit freundlicher geworden ist, aber manche Stimmen wie Fritz Wolf oder M. H. hat man
lange nicht mehr gehört), dass hier das Pendel möglicherweise auch zu sehr in die andere
Richtung ausgeschlagen sein könnte. Wie dem auch sei, aus gutem Grund habe ich dort nie etwas
geschrieben.
Indessen frage ich mich, was man wohl mit mir gemacht hätte, hätte ich die hier, im Diskurs 74
vertretene Ansicht zur Sündlosigkeit Jesu Christi seinerzeit dort veröffentlicht, denn ich
teile sie. Ich hätte mir im übrigen die Frage, ob Jesus nun hätte sündigen können oder
nicht, so auch nie gestellt. Denn: Seit meinen Kindertagen weiß ich, dass Jesus von Satan in
der Wüste versucht worden ist und bestanden hat (an dieser Stelle erspare ich mir die
Belegstellen aus den Evangelien), und er war ganz Gott und ganz Mensch. Nehmen wir an, die
Aufforderung zur Anbetung Satans sei eine Versuchung zum Bösen (was sie ist), so verstünde ich
den Jakobus-Brief nicht, denn dort heißt es:
"Niemand sage, wenn er versucht wird, dass er von Gott versucht
werde. Denn Gott kann nicht versucht werden zum Bösen, und er selbst versucht niemand."
(Jak 1,13; Luth 84).
So kann Gott also nicht (zum Bösen) versucht werden. Was aber mit dem Herrn?
War er nicht auch Mensch, wie Adam? Wenn Adam versucht werden und sündigen konnte, und Christus
auch Mensch war, warum hätte er dann nicht auch sündigen können?
So scheint es mir, dass man mit der simplen Gleichsetzung "Jesus = Gott", und das ist der
Kern aller erkennbaren Beiträge zu dieser Frage in der oben erwähnten Website, nicht nur über
das Ziel hinausschießt, sondern vielmehr außer Betracht lässt bzw. gar leugnet, dass Christus
eben auch Mensch war, jedoch im Unterschied zu Adam nicht gesündigt, vielmehr
Welt und Sünde überwunden hat. Mag ich naiv sein (aber es steht auch geschrieben, dass wir
glauben sollen wie ein Kind; Mk 10,15); ich glaube jedenfalls, dass genau darin ein besonderes
Werk des Herrn liegt, dass er nämlich sündlos war, obwohl er hätte sündigen können.
Andernfalls müsste ich mich schon fragen, welchen Sinn die Versuchung in der Wüste sonst
überhaupt machen sollte, und das frage ich mich als Kind Gottes, von dem ich weiß, dass Er uns
keine Fallen stellt und es Ihm auch nicht um Scheinbeweise geht. Denn was wäre es denn anderes?
Christian Bollmeyer, Hamburg / bollmeyer@debitel.net
(Siehe auch den Gastbeitrag von M. H., Diskurs 27: "Der
Plan Gottes.")
(Siehe auch den Gastbeitrag von Fritz Wolf, Diskurs 58: "Wie
kannst Du wissen, ob Du errettet bist?")
Ja, genau so ist es. Wer behauptet, dass Jesus Christus nicht versucht werden konnte
und unfähig war zu sündigen, weil er Gott war, muss sich fragen lassen, wieso sich dieser
allmächtige Gott dann von den Juden ausliefern und von den Römern am Kreuz ermorden ließ.
Ohne den ganz persönlichen Sieg des Herrn über Versuchung und Sünde, wäre sein Loskaufopfer am
Kreuz gar nicht möglich gewesen, weil er dann kein wohlgefälliges Opfer vor dem Vater gewesen
wäre. Für die Rettung der Menschheit aus Gnade forderte die Gerechtigkeit Gottes ein adäquates
Opfer für die Sünden aller Menschen.
Es war die Liebe Gottes in seinem Sohn, welche diesen Jesus Christus – obwohl ganz Gott – freiwillig
und ohne jeden Zwang, die irdischen Versuchungen, den Hass und die Missgunst der Menschen als
Mensch ertragen ließ. Und eben diese Liebe führte ihn dann auch ans Kreuz, um das für die
ganze Welt zu vollbringen, was Gebote und Gesetze davor bei den Juden nicht geschafft hatten: Die
Rettung allein aus Gnade durch die Liebe Gottes.
Es gibt eine Stelle, die diese Frage direkt adressiert, und zwar 1.Joh. 3:9 wo
es heisst: "....und er kann nicht sündigen, weil er aus Gott geboren ist." Mit
"er" ist jeder gemeint, der aus Gott geboren ist. Dies trifft zuerst für den Herrn
Jesus zu. Diese Stelle allein sollte Horak genügen, seinen Diskurs 74 vom Netz zu nehmen.
Vielleicht fordere ich ihn dazu auf, mal sehen, wie die Reaktion ist. Vielleicht hat er die
Stelle übersehen. Über andere Stellen kann man anderer Meinung sein. So z.B. Hebr.13,8
"Jesus Christus ist derselbe gestern heute und in Ewigkeit", wozu es im Kommentar (von
Bibelkreis.ch / Anm. FH) heisst: "Wenn Christus als Mensch auf dieser Erde die
Möglichkeit der Sünde in sich gehabt hätte, dann würde er sie auch heute im Himmel noch
haben". Das ist doch klarer Unsinn. Denn Jesus war Gott seit Anfang, war Gott als er als
Mensch auf der Erde war, und wird Gott in alle Ewigkeiten bleiben. Nicht anderes ist mit Hebr.
13,8 gemeint. Oder glaubt von euch jemand, der Herr würde jetzt als Mensch im Himmel sein? Mit
etwas bösem Willen könnte man das eine ausserordentlich üble Lästerung des Heilandes nennen.
Alles in allem werde ich den Eindruck noch nicht los, dass verschiedene Schriftkenner aneinander
vorbei reden. Ich würde nicht so weit gehen, Horak zu unterstellen, er wolle den Herrn aufs
übelste lästern. Liegt hier nicht nur ein Missverständnis vor? An einen Widerspruch in etwa,
wie wenn man in diesem Forum (von Bibelkreis.ch/Anm.) liest, Jesus sei GANZ MENSCH und
Gott gewesen. "GANZ MENSCH" (wo steht das übrigens so in der Bibel?), verträgt sich
nicht mit der Ansicht, dass Jesus nicht in der Lage gewesen sei zu sündigen. Lasst es uns so
sagen: er war Mensch wie wir, jedoch ohne Sünde, UND Gott zugleich. Wäre er "ganz
Mensch" gewesen, wäre er genauso wie wir gewesen: der Sünde verfallen. Denn die
Versklavung unter die Sünde gehört zum Wesen aller Menschen. Jedoch nicht des Menschen Jesus
Christus.
Herbert Bibelkreis.ch
Topic 3175 / Website Hans Peter Wepf, h.p.wepf@bibelkreis.ch
Nachdem ich die im obigen Kommentar angekündigte Aufforderung bis heute nicht
erhalten, jedoch die Diskussion im Bibelkreisforum mit Interesse verfolgt habe, möchte ich mich
einmal bei "Herbert" dafür bedanken, dass er in der dortigen Diskussion über den Diskurs 68
von Immanuel.at und das Kapitel "Die zehn Brautjungfrauen" so engagiert argumentiert hat.
(Siehe auch "Bibelkreis.ch
Topic 3022ff.")
(Siehe auch Immanuel.at Diskurs 68: "Hat
Mt 24 und 25 nichts mit der Gemeinde zu tun? – Die zehn Brautjungfrauen.")
Allerdings haben dann seine Diskussionspartner geschickt das Thema gewechselt und
sind auf diesen Diskurs 74 hier: "Hat Jesus als Gottes Sohn gar nicht sündigen können?" von
Immanuel.at ausgewichen. Auf die Argumentation dieser Brüder bei Bibelkreis.ch möchte ich aber
hier nicht weiter eingehen, sondern nur versuchen, die von "Herbert" in seinem Kommentar
aufgeworfenen Fragen zu beantworten.
Vielleicht zuerst die Frage am Ende seines Kommentars im Bibelkreisforum:
"Liegt hier nicht nur ein Missverständnis vor? An einen Widerspruch
in etwa, wie wenn man in diesem Forum (von Bibelkreis.ch/Anm.) liest, Jesus sei GANZ MENSCH
und Gott gewesen. ‘GANZ MENSCH’ (wo steht das übrigens so in der Bibel?), verträgt sich nicht
mit der Ansicht, dass Jesus nicht in der Lage gewesen sei zu sündigen."
Genau so ist es. Wenn Jesus ganz Mensch gewesen ist, dann war er auch zur
Sünde fähig. Wobei man hier immer wieder festhalten muss, dass unser Herr jeder Versuchung
widerstanden und keine einzige Sünde begangen hat. Wenn man nun in der Auslegung der Brüder von
Bibelkreis.ch behauptet, dass Jesus Christus deshalb nicht sündigen konnte, weil er göttlicher
Herkunft war, nimmt man ihm dann anschließend gleich wieder diese Göttlichkeit, indem man
behauptet:
"Der Herr Jesus ist jetzt als Mensch im Himmel und er wird in
Ewigkeit als Mensch im Himmel sein."
Während man also dem Herrn seine Göttlichkeit auf Erden zu Recht zugesteht (er war
ganz Gott, hat sich aber freiwillig erniedrigt und wurde ganz Mensch!) – um diese
Göttlichkeit für die Theorie einer Unfähigkeit zur Sünde zu missbrauchen – behauptet man dann
plötzlich, dass er nach Tod und Auffahrt "in Ewigkeit als Mensch im Himmel sein" wird. Das sind
dann also schon zwei Widersprüche. Und das innerhalb einer Auslegung!
(Siehe auch den Diskurs 24: "Die Göttlichkeit Jesu
Christi und die Kraft des Glaubens.")
Die Tatsache, dass Jesus den Menschen in allem gleich geworden ist – daher auch in der Fähigkeit zur Sünde – und auch der Versuchung ausgesetzt war, doch immer widerstanden hat, bestätigen uns einige Bibelstellen:
Daher mußte er in allem den Brüdern gleich werden, um die Sünden des Volkes zu sühnen;
Hbr 2,17 Daher mußte er in allem den Brüdern gleich werden, damit er barmherzig und ein treuer Hoherpriester vor Gott werde, um die Sünden des Volkes zu sühnen; 2,18 denn worin er selbst gelitten hat, als er versucht worden ist, kann er denen helfen, die versucht werden. Hbr 2,17-18;
Aber er machte sich selbst zu nichts und nahm Knechtsgestalt an, indem er den Menschen gleich geworden ist.
Phil 2,5 Habt diese Gesinnung in euch, die auch in Christus Jesus war, 2,6 der in Gestalt Gottes war und es nicht für einen Raub hielt, Gott gleich zu sein. 2,7 Aber er machte sich selbst zu nichts und nahm Knechtsgestalt an, indem er den Menschen gleich geworden ist, und der Gestalt nach wie ein Mensch befunden, 2,8 erniedrigte er sich selbst und wurde gehorsam bis zum Tod, ja, zum Tod am Kreuz. Phil 2, 5- 8;
Der in allem in gleicher Weise wie wir versucht worden ist, doch ohne Sünde.
Hbr 4,15 Denn wir haben nicht einen Hohenpriester, der nicht Mitleid haben könnte mit unseren Schwachheiten, sondern der in allem in gleicher Weise wie wir versucht worden ist, doch ohne Sünde. Hbr 4,15;
Und als der Teufel jede Versuchung vollendet hatte.
Lk 4,13 Und als der Teufel jede Versuchung vollendet hatte,
wich er für eine Zeit von ihm. Lk 4,13;
Ja sogar von Petrus wurde der Herr einmal versucht:
Geh hinter mich, Satan! Du bist mir ein Ärgernis.
Mt 16,21 Von der Zeit an begann Jesus seinen Jüngern zu zeigen, daß
er nach Jerusalem hingehen müsse und von den Ältesten und Hohenpriestern und Schriftgelehrten
vieles leiden und getötet und am dritten Tag auferweckt werden müsse. 16,22 Und Petrus nahm ihn
beiseite und fing an, ihn zu tadeln, indem er sagte: Gott behüte dich, Herr! Dies wird dir
keinesfalls widerfahren. 16,23 Er aber wandte sich um und sprach zu Petrus: Geh hinter mich,
Satan! Du bist mir ein Ärgernis, denn du sinnst nicht auf das, was Gottes, sondern auf das, was
der Menschen ist. Mt 16,21-23;
Und dann heißt es gleich zu Beginn des obigen Kommentars von Herbert:
"Es gibt eine Stelle, die diese Frage direkt adressiert, und zwar
1.Joh. 3:9 wo es heisst: ‘....und er kann nicht sündigen, weil er aus Gott geboren ist.’ Mit
‘er’ ist jeder gemeint, der aus Gott geboren ist. Dies trifft zuerst für den Herrn Jesus zu."
Diese Übersetzung "... und er kann nicht sündigen ..." – welcher
Provenienz sie auch immer sein mag – ist eindeutig falsch. Der griechische Originaltext lautet: "Jeder
aus Gott Gezeugte tut nicht Sünde ...". Und die mir verfügbaren 10 deutschen und 5
englischen Übersetzungen bringen hier ebenfalls "tut", "begeht (commits)" oder "praktiziert
(practices)"
Der aufmerksame Bibelleser weiß – oder wird es spätestens hier erkennen – warum diese Klarstellung
so wichtig ist. Wer nicht sündigen "kann", ist zur Sünde unfähig und kann daher – wie Bruder
Herbert in seinem obigen Kommentar völlig richtig andeutet – nicht "ganz Mensch" sein. Wer aber
Sünde nicht "tut", hat wohl die Fähigkeit zur Sünde, ist also – wie wir alle – ganz
Mensch, unterscheidet sich jedoch von uns allen durch seine bewundernswerte Standhaftigkeit, jeder
Sünde in seinem Leben zu widerstehen.
Zu diesem Thema schreibt der bereits weiter oben einmal zitierte Werner de Boor in seiner "Erklärung
zum Brief des Paulus an die Römer" (Wuppertaler Studienbibel, S 181), beim Kommentar zu Röm
8,3-4:
Indem er seinen eigenen Sohn in Gleichgestalt des Fleisches der Sünde und für die Sünde sandte.
Röm 8,3 Denn das dem Gesetz Unmögliche, weil es durch das Fleisch
kraftlos war, tat Gott, indem er seinen eigenen Sohn in Gleichgestalt des Fleisches der Sünde
und für die Sünde sandte und die Sünde im Fleisch verurteilte, 8,4 damit die Rechtsforderung
des Gesetzes erfüllt wird in uns, die wir nicht nach dem Fleisch, sondern nach dem Geist wandeln.
Röm 8, 3- 4;
"Gott tat das dem Gesetz Unmögliche. Den eigenen Sohn sandte er ‘in
Gleichgestalt des Fleisches der Sünde und für die Sünde’ Welch ein Blick auf Jesus wird uns
in diesen knappen Worten eröffnet! Jesu Leben war ein ‘Leiden’ nicht nur in den letzten
Passionsstunden. Aber auch nicht nur vorher in einzelnen Begebenheiten, im wachsenden Hass seiner
Feinde, im Unverständnis seiner Jünger unter der Last der menschlichen Not und Sünde. Jesu Leben
war ‘Leiden’ in jedem Augenblick, weil er, der in göttlicher Klarheit, Freiheit und Reinheit zu
Hause war, in ‘Gleichgestalt des Fleisches der Sünde’ zu leben hatte.
Wir, die wir im ‘Fleisch’ unser natürliches und gewohntes Lebenselement besitzen, können kaum
ahnen, welche Fremde und Qual, welche Last und Pein es für den Sohn Gottes war, als ein Glied
dieser gottentfremdeten Menschheit im kalten Dunkel der Lieblosigkeit und Ichhaftigkeit Tag um Tag
leben zu müssen. Aber schon darin, dass Jesus in solchem Dasein aushielt und als der im ‘Sündenfleisch’
auch ganz und gar Versuchliche jeder Antastung durch die Sünde widerstand, verurteilte Gott die ‘Sünde
im Fleisch’"
Wer also behauptet, der Herr hätte gar nicht die Fähigkeit zur Sünde gehabt,
widersprich eindeutig der Schrift, die mehrfach das Gegenteil bestätigt:
Hbr 2,17 Daher mußte er in allem den Brüdern gleich werden,
damit er barmherzig und ein treuer Hoherpriester vor Gott werde.
Phil 2,7 Aber er machte sich selbst zu nichts und nahm
Knechtsgestalt an, indem er den Menschen gleich geworden ist.
Hbr 4,15 Denn wir haben nicht einen Hohenpriester, der nicht Mitleid
haben könnte mit unseren Schwachheiten, sondern der in allem in gleicher Weise wie wir versucht
worden ist, doch ohne Sünde.
Doch mit der Behauptung, der Herr hätte nicht die Fähigkeit zur Sünde gehabt,
woraus folgert, dass er auch nicht versucht werden konnte, leugnet man auch die Kraft, Stärke und
Treue unseres Heilands, führt den Heilsplan Gottes ad absurdum und die Gläubigen in die Irre.
Die Beurteilung eines schweizer Landsmannes von H. P. Wepf (Betreiber der Website Bibelkreis.ch)
läßt dann auch den sektenmäßigen Hintergrund dieser eigenartigen Lehrmeinungen erkennen:
Allerdings hat sich HPW zwischenzeitlich als unerbittlicher Gegner
Andersdenkender erwiesen, so dass ich obige Aussage stark relativieren muss. Solches
geht soweit, dass er per Diktum verlangt, welche Bibelübersetzung für Forumsbeiträge zu
benutzen sei, nämlich: Schlachter oder Elberfelder; die Lutherübersetzung ist gemäss seiner
Doktrin "die denkbar schlechteste deutsche Bibelübersetzung" (= John Nelson Darby
ohne Verstand nachgeschwatzt) und würde nur noch von der "Konkordantenbibel" der
Allversöhner übertroffen. Ein derartig überhebliches Gebaren eines Einzelmenschen oder
Systems lehne ich aber entschieden ab, enthält es doch bereits gewisse Elemente, die den
Kriterien einer sektenmäßigen Gemeinschaft nahekommen (Jud.16-19).
(Der gesamte Kommentar findet sich bei: https://chsunier.ch/webtalk/talker3/site_3.html.)
(Siehe auch den Diskurs 26: "Die Dreieinigkeit: ein
unbiblisches Denkschema?")